Full text: Lieder vom sächsischen Vaterlande aus alter und neuer Zeit

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Und als der Kaiser früh erwacht, 
Trommeten rings erschallen: 
Die Haufen stehen wie zur Schlacht 
Und die hohen Banner wallen. 
Da sprach der Kaiser hochgemut: 
„Ihr habt das Wort ernähret 
Wer in so sichrer Feste ruht, 
Sich die Mauern billig sparet." 
31. Der Edelacker. 
(Wilhelm Gerhard.) 
Hallo! hallo! das Hifthorn schallt, 
Hallo! die Hunde bellen! 
Der Landgraf reitet spät im Wald 
Mit feinen Jagdgesellen, 
Und schnell verlockt auf flüchtgem Roß 
Ein Hirsch ihn von der Diener Troß. 
Er lenkt die Zügel hin und her 
Durch Sumpf und wilde Hecken, 
Und lauscht und spähet kreuz und 
quer, 
Den Ausweg zu entdecken; 
Allein der Hörnerklang verhallt, 
Und immer dunkler wird der Wald. 
Auf einmal blinket wie ein Stern, 
Ihm Lichterschein entgegen, 
Auch hört er deutlich dumpf und fern 
Den Schall von Hammerschlägen, 
Und freudig spornet er das Roß, 
Ihm scheint die Hütt ein Feenschloß. 
Gott grüß euch, Meister! rüst 
er froh, 
Darf ich um Herberg bitten? 
Nur einen Trunk und wenig Stroh, 
Denn ich bin weit geritten! — 
Der Hufschmied nötigt ihn hinein, 
Und spricht :Jhr sollt willkommen sein! 
Ich seh's, Ihr seid vom Ritte 
matt, 
Gebt her den Pfeil und Bogen! 
Das brave Jagdroß frißt sich satt, 
Hab's in den Stall gezogen. 
Nehmt nur vorlieb, mein edler Gast! 
Die Hütt ist freilich kein Palast. 
Ein muntrer Wirt, ein Becher Wein 
Erquicken ihm die Glieder, 
Dann wirft er sich im Kämmerlein 
Aufs karge Lager nieder, 
Und sorgsam deckt der Alt ihn zu, 
Und wünscht ihm eine sanfte Ruh. 
Noch will der Herr vorn langen Ritt 
Der Morgenruhe pflegen, 
Doch frühe weckt ihn schon der 
Schmied 
Mit seines Hammers Schlägen; 
Er bläst die Kohlen, schürt die Glut, 
Und hämmert dranf mit frohem Mut. 
Und wie die Eisenstang erstarrt, 
Ruft er bei jedem Schlage: 
O Landgraf, Landgraf! werde hart, 
Bist sonst des Landes Plage! 
Der Landvogt hört es, spitzt das Ohr, 
Und hebt vom Lager sich empor. 
Mein lieber Meister! Euch ist ja 
Recht schnurrger Sinn Geschieden; 
Was murmelt ihr vom Ludwig da? 
Ich glaub, ihr wollt ihn schmieden. 
Mich hat das Sprüchlein auf¬ 
geweckt, 
Vertraut mir, was dahinter steckt! 
Der Schmied versetzt: Mein 
Jägersmann, 
Ich ziele nach den Rittern, 
Die, was des Bauern Fleiß gewann, 
Mit feiner Nase wittern. 
Und, dünkt mich, gegen solche Brut 
Ist unser Landgraf viel zu gut. 
1) Ludwig II. ber Eiserne von Thüringen (1140 — 1172).
	        
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