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II. Die fränkische Zeit.
Die fränkische Zeit umschließt die geschichtlichen Ereignisse
von der Völkerwanderung und der damit zusammenhängenden
Gründung neuer germanischer Staaten an bis zur Teilung des
fränkischen Reiches Karls des Großen, mit der erst die eigent¬
liche deutsche Geschichte beginnt.
Im Verlaus der Völkerwanderung schlossen sich die Völker¬
schaften zu größeren Verbänden — Stämmen — zusammen, die
nun, wie Franken, Thüringer, Sachsen, Bayern, Alamannen und
Schwaben, teils neue Gebiete aufsuchen, teils sich aus den bis¬
herigen neu einrichten, oder wie Goten, Vandalen, Angeln, für
die deutsche Geschichte überhaupt verschwinden.
Indem die Heerführer der Westgermanen durch ihre her¬
vorragende Stellung bei den Eroberungszügen zu Königen —
Völkerschafts- oder Eaukönige genannt — wurden, gingen auch
jene zur monarchischen Verfassung über. Das altgermanische
Volkskönigtum trat dabei überall aus seinem bisherigen Rahmen
heraus und gestaltete sich zu wahrer königlicher Gewalt.
Volksrecht ward Königsrecht.
Die größte Macht entfaltete der Stamm der Franken, der
sich von seinem Stammsitz am Rhein aus namentlich nach Westen
hin ausbreitete und nach und nach das gesamte römische Gallien,
das heutige Frankreich, in Besitz nahm. König Chlodovech aus
dem sagenhaften Geschlecht der Merowinger beseitigte alle übrigen
fränkischen Könige, auch die Angehörigen seines Geschlechts, und
machte sich zum Alleinherrscher. Er und seine Söhne traten er¬
obernd in Burgund, Alamannien, Thüringen und Bayern aus
und verschafften dadurch dem fränkischen Königtum eine vor¬
herrschende Stellung. Als das Merowingergeschlecht in Schwäche
versank und das Reich zu zerfallen drohte, gelang es den ersten
Hofbeamten, den Hausmeiern, sich zu obersten Reichsbeamten zu
machen, als die sie bald das Übergewicht über das Königtum er¬
langten. Karl Martell rettete das Reich vor dem Untergange
und stellte es in seiner alten Einheit wieder her. Auch sein Nach¬
folger Pippin, der seinem Geschlecht, den Karolingern, die Königs¬
krone verschaffte, erhielt das Reich in seinem Bestand, das sein
Sohn, Karl der Große, dann zur romanisch-germanischen Welt¬
monarchie erweiterte.
Während die Macht der altgermanischen Könige dem Volke
gegenüber nur eine beschränkte war, vereinten die fränkischen
Könige eine Fülle königlicher Machtbefugnisse in ihrer Hand.
Der altgermanische König besaß als geborener Heerführer und