§ 5. Deutschland zur Zeit Friedrich Wilhelms I. von Preußen (1713-1740). 41
49 Krongüter gegründet wurden, schuf Friedrich Wilhelm zugleich 12 Städte,
darunter Gumbinnen; Potsdam stieg von 300 Einwohnern auf 20000,
Berlin-Kölln, wo auf sein Betreiben die Friedrichsstadt erbaut wurde, auf
80 000 (ohne die Soldaten). Im ganzen stiegen während seiner Regierung 0
die Staatseinkünfte aus den Domänen von 4,8 Millionen Mark auf mehr
als das Doppelte, und der gesamte Wohlstand der Landbevölkerung wuchs.
Der Zuzug fremder Handwerker wurde auch begünstigt. Der König bestimmte,
daß jeder Lehrling lesen und schreiben und die Hauptstücke des Katechismus
erlernt haben müsse. Seit 1722 wurde den Behörden die Aufsicht über
die Warenerzeugung und Preisbildung übertragen. Auf Grund der 1731
vom Kaiser bestätigten Reichszunftordnung ließ der König alle Innungs-
Satzungen revidieren, bedrohte das „Rottieren" (Streiken) mit strenger
Strafe und stellte durch Einführung der „Kundschaft" (des Wanderbuchs)
die Gesellen unter die Zucht der Meister. Die Warenerzeugung suchte
er durch hohe Schutzzölle zu heben. Friedrich Wilhelms I. Schutzzollpolitik
war besonders gegen das gewerblich viel höher entwickelte Sachsen gerichtet;
doch kam 1728 ein beiden Staaten nützlicher Handelsvertrag zu stände.
Handel und Gewerbe fanden eifrige Förderung; neue Fabriken („Manufak¬
turen") wurden ins Leben gerufen, zur Hebung der 'Tuchmacherei die , ..,„.7,^ ;A
Ausfuhr von Wolle verboten und Offizieren und Beamten eingeschärft, nur
einheimische Erzeugnisse zu kaufen. In Berlin legte der König ein Lager-/7
haus an. Preußische Tuche wurden bald im Auslande, besonders in Rußland
gesucht. Fast alles, was das Heer brauchte, wurde aus dem Lande selbst
bezogen. Stettin bildete gleichsam den Hafen für den überseeischen Handel z „
der Marken. Auch in Magdeburg gedieh der Handel langsam. In Berlin ^
dagegen blühte er jetzt rasch auf; die Schiffergilde nahm den Kampf mit *y
den Hamburgern siegreich auf. Infolge der herabgesetzten Wasserzölle ent- ^ ^
wickelte sich in Berlin neben dem stets wachsenden Durchgangsverkehr ^
(Schlesien - Hamburg) auch ein starker Eigenhandel. Auch für die Ent-
Wicklung der Post sorgte Friedrich Wilhelm I. '
6. Die Religion und Volksbildung. Schon 1713 faßte der König die^^ ^
Herstellung eines Allgemeinen Landrechts ins Auge. Durch ein Prozeß- <-
gefetz regelte er 1717 den Rechtsgang in der ganzen Monarchie; ein Feind ^
alles „Schlenders" und aller „Advokatenstrich", trieb er immer wieder zur ^
raschen Erledigung der Prozesse an und ernannte den großen Rechtsgelehrten v / ^
im. v. Cocceii 1737 zum Justizminister. Dieser ließ 1738 das münd-
7 liehe Verfahren wieder zu. Da der Kurfürst von Sachsen zur katholischen
Kirche übergetreten war (S. 27), betrachtete sich Friedrich Wilhelm I. als
Schutz und Schirm des Protestantismus. Wie er die Salzburger unter seine ^
JrgfyCÄhat nahm und durchsetzte, daß die evangelischen Heidelberger nicht alle'
\ihre Kirchen verloren, so verhinderte er auch nach dem „Thorner Blutbad",
dem nach der Störung einer Prozession zehn unschuldige Bürger zum Opfer
wrUftnl9efaßen waren, durch Kriegsdrohung weitere Verfolgungen der westpreußischen
/Glaubensgenossen. Obwohl er kein Verständnis für die Wissenschaften besaß,
so bemühte er sich doch sehr für die Volksbildung. Er erließ 1713 das/
erste preußische Schulgesetz, führte die allgemeine Schulpflicht ein und ^ :
gründete etwa 1800 Schulen, zu deren Unterhaltung die Gemeinden heran- #' ^ *