§ 41. Kunst und Bildunc;sstand des ausgehenden Mittelalters. 119
einzelnen Staaten des Reiches als oberste Instanz gewöhnlich ein jintt
dein „Hosrat" verbundenes Hofgericht, außerdem je nach der Grosze
des Landes mehrere Kreis ge rechte, denen wiederum eine Anzahl von
Land- oder P fl egge richten unterstellt war. Diesen Behörden sielen
gleichzeitig die Ausgaben der Rechtsprechung wie der Verwaltung zu.
Gutsherren, geistliche und weltliche, hatten für die sogenannte niedere
Gerichtsbarkeit ihre eigenen „Patrimonialgerichte".
Die Jeme. Eine eigenartige Erscheinung im Gerichtswesen des Mittel¬
alters sind die Femgerichte. Sie sind Reste des alten königlichen Gerichts
und nur auf „roter Erde", d.h. in Westfalen, heimisch. Ursprünglich galt
ihr Spruch blaß für einen beschränkten Bereich. Da den Richtern die Be¬
fugnis, Gericht zu halten, der sogenannte Gerichtsbann, vom König selbst
übertragen wurde, so erhielten sie das Ansehen uon Reichsgerichten. Dabei
entstand die Anschauung, daß ihre Wirksamkeit so weit reiche wie die Ge¬
richtsbarkeit des Königs selbst. Infolgedessen gelangten die Femgerichte
in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts zu großem Ansehen. Selbst
Fürsten wie Kaiser Siegmnnd hielten es nicht unter ihrer Würde, sich
um ein Freischössenamt zu bewerben. Der Borsitzende hieß Freigras, die
Beisitzer Freischöffen, die Gerichtsstätte Freistuhl. Ursprünglich durften die
Femgerichte nur über gewisse Vergehen urteilen, z. B. über Diebstahl, Raub,
Mord, Meineid; später haben sie ihre Zuständigkeit aus alle möglichen
Fälle auszudehnen versucht. Das Verfahren war meistens öffentlich und
fand an bestimmten altbekannten Stellen (Dortmunder Femlinde) statt.
Der Freigraf leitete das Gericht; ihm zur Seite standen 7 Freischöffen.
Ward der Angeklagte für schuldig befunden, so wurde das Urteil sogleich
an ihm vollzogen, indem der jüngste Freischösfe ihn am nächsten Baume
aufknüpfte. Als die Femgerichte immer maßloser in ihren Ansprüchen
wurden, ja sich nicht scheuten, selbst Kaiser wie Friedrich III. vor ihren
Stuhl zu fordern, zogen sie sich die Feindschaft der Reichsfürsten zu. Da
zudem manche Freigrafen und Freischösfen sich als bestechlich erwiesen, sank
die Achtung vor ihrer Unparteilichkeit. Seitdem die Kaiser ihnen den
Schutz entzogen, schwand ihr Ansehen als Reichsgericht. Doch hat ihr
Wirken den Erfolg gezeitigt, daß von nun an die Obrigkeiten mehr als
bisher sich der Rechtspflege annahmen.
5. Die Dichtkunst war von den Höfen der Fürsten und den
Bnrgen der Ritter in die Kreise der bürgerlichen Handwerker herabge¬
stiegen und zum zuustmäßigeu Meistergesang geworden. Seine
Stosse waren meist religiös-biblischer Art und sein Ziel mehr aus genaue
Beobachtung der Regeln als aus wertvollen Inhalt gerichtet, so daß er
Gefahr lief, sich in leere Reimspielerei zu verlieren.
Eine eigentümliche Dichtnngsart bilden die seit dem 13. nnd 14.
Jahrhundert auskommenden geistliche n Schauspiele, die sogenannten