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§ 22. Heinrich IV. 1056—1106 und der Jnvestilurstreil.
d) Heinrichs Sieg über die d entschen Gegner. In Deutsch¬
land verharrten indes die weltlichen Fürsten, trotzdem der König vom
Banne gelöst war, in ihrer feindseligen Stellung und wählten auf einem
Fürstentage zu Forchheim den Herzog Rudolf von Schwaben,
Heinrichs Schwager, zum Gegenkönig (März 1077). Auf Heinrichs Seite
standen wieder die Städte, die Geistlichkeit und der niedere Adel. In
einer Schlacht au der Grüne bei Pegau 1080 wurde zwar das Heer
des Königs geschlageu, aber sein Widersacher Rudolf verlor dabei die
rechte Hand und starb an der Verwundung. Das schwäbische Herzog¬
tum hatte Heinrich schon vorher an Friedrich von Büren und Stauseu,
den Stammvater der Hohenstaufen, vergeben und ihn zugleich mit seiner
Tochter Agnes vermählt. Ein zweiter Gegenkönig, der luxemburgische
Graf Hermann von Salm, konnte sich nicht lange behaupten.
So ging Heinrich aus dem wechselvollen Kampfe zuletzt doch als
Sieger hervor.
e) Heinrichs Sieg über Gregor VII. Nochmals hatte sich
zwischen Papst und König während des letzten Krieges die gegenseitige
Absetzung wiederholt, ohne jedoch den früheren Eindruck zu machen.
Nach der günstigen Wendnng seiner Lage in Deutschland zog Heinrich
mit Kriegsmacht nach Italien, stellte einen Gegenpapst auf, der ihn zum
Kaiser frönte, und eroberte Rom (1084). Gregor, der nur noch von
den nnteritalischen Normannen unterstützt wurde, flüchtete nach Salerno
und starb dort schon im folgenden Jahre.
„Ich habe die Gerechtigkeit geliebt und die Ungerechtigkeit gehaßt, darum
sterbe ich in der Verbannung" — mit diesem Gefühl der Niederlage schied
der hochstrebende Papst aus der Welt; aber seine Ideen überlebten ihn.
Sein zweiter Nachfolger war jener Urban II., der 1095 auf der Synode
zu Clermont die mächtige Begeisterung für einen Kreuzzug nach
Jerusalem entstammte und so vor aller Welt als der gottberufene Leiter
der Christenheit erschien (vgl. S. 72).
4. Keinrichs Ende im Kampf gegen seine Söhne. Während
der Kaiser (seit 1090) gegen Papst nnd Lombarden abermals in Italien
unter den Waffen stand, fiel sein ältester Sohn, König Konrad, zur
Gegenpartei ab. Daher veranlaßte der Vater, als er in den nächsten
Jahren wieder eine festere Stellung gewann, dessen Absetzung und be¬
stimmte als Nachfolger seinen zweiten Sohn Heinrich. Aber auch dieser
ließ sich zur Empörung verleiten; ja der undankbare Sohn nahm den
Vater gesaugeu nnd zwang ihn in einem entehrenden Auftritte zu
Ingelheim, auf den Thron zu verzichten. Doch gelang es dem Kaiser,
ans seiner Haft nach Lüttich zu entkommen. Dort starb der leidbeladene