— 108 —
©eist bet Unzuftiebetcheit säst über ganz Europa. In allen großem
Städten kam es zu heftigen, nicht selten blutigen Austritten. Auch
Merlin blieb nicht verschont von dieser Aufregung, und am 18 März
kam es zu blutigen Kämpfen zwischen dem Militär und dem
-Lolke. Der König schauderte vor dem Gedanken zurück, daß das
Blut seiner Bürger fließe und machte dem Kampfe dadurch ein
ünbe, daß er an die Garden den Befehl erließ, aus Berlin abzu¬
ziehen Dann hielt er emen feierlichen Umzug in Berlin und
verjprach, alle billigen Forderungen seiner Unterthanen zu be-
ImUigen. Bis dahin hatte in Preußen der König das Recht,
ohne Mitwirkung der Unterthanen Gesetze zu erlassen: Preußen
war etne unumschränkte Monarchie. Jetzt wurde Preußen
eine beschränkte Monarchie ober ein konstitutioneller
Staat; der König gewährte nämlich seinen Unterthanen das
stecht, burch gewählte 2lbgeorbnete an der Gesetzgebung des
^andes theilzunehmen. Durch die Versafsungs - Urkunde vom
31. ^anuar 1850, die noch gegenwärtig tn Kraft ist, wurde diese
Angelegenheit geordnet. Nach bieser Urkunde steht dem Könige
die freie Entscheidung über Krieg unb Frieben zu; bie Gewalt,
Gesetze zu machen, hat ber König mit zwei Kammern. Die erste
Kammer ist bas Herrenhaus, bessen Mitglieder vom Könige be-
™jen Arden; bie zweite Kammer ist bas Haus ber Abgeordneten,
dessen Mitglieder das Volk wählt. Der König läßt durch seine
Minister den Kammern die Entwürfe zu neuen Gesetzen vorlegen.
Sind nun bie beiben Kammern mit bem König über einen Gesetz¬
entwurf einverstanden, so erhebt der König ihn zum Gesetze und
macht dies bekannt. ^
Die Unruhen des Jahres 1848 drangen auch in Hohenzollern
«tn. Das veranlaßte die beiden Fürsten Karl Anton von Sig-
maringen unb Friebrich Wilhelm (Konstantin von Hechingen ihre
Gebiete tn Folge bestehender Erbverträge am 7. Dezember 1849
an ben König Friebrich Wilhelm IV. von Preußen abzutreten.
Nach ben unruhigen Zeiten am Enbe ber vierziger Jahre
suchte Friebrich Wilhelm Handel unb Gewerbe, Ackerbau, Künste
unb Wissenschaften in feinem Lanbe zu heben unb regierte seine
Unterthanen glücklich bis zum Jahre 1857. Im Jahre 1857
befiel ben König eine Krankheit, bie ihn nöthigte, bie Regierung
feinem ältesten Bruber, bem jetzt glorreich regierenden König
Wilhelm zu übertragen. Friedrich Wilbelm IV. erlag feiner
Krankheit am 2. Januar 1861. Er war einer ber gebildeten unb
geistreichsten Fürsten ber Gegenwart unb hatte ein frommes, christ¬
liches Gemüth. Als er sah, wie manche sich bem Unglauben zuneigten,
ba legte er öffentlich bas Gelöbniß ab: „Ich unb mein Haus, wir
wollen bem Herrn bienen." Aeußerft wohlthätig unterstützte er Kunst
unb Wissenschaft, Noth unb Elenb freigebig aus feiner Kaffe. Zum
Fortbaue bes Kölner Domes gab er feit 1842 jährlich 50000 Thlr.