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Biwer aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte.
2) Tie Entwässerung des Oder- und Warthebruchs. Friedrich
war fortwährend bemüht, die Morgenzahl des Ackerlandes zu vergrößern, neue
Stellen für Ansiedler zu schaffen und die Bevölkerung zu vermehren. An der
Oder und Warthe waren damals große Sumpfe (das Oder- und Warthe¬
bruch). ^t<ie]e wurden von den Flüssen überflutet und waren zu einer weit
ausgedehnten Wildnis geworden. Die wenigen Anwohner konnten sich nur
von Fischfang, Jagd und Viehzucht erhalten. Da ließ der König diese Sumpf¬
länder trocken legen und mit Dämmen einfassen. Im ganzen wurden im Oder¬
bruche 225 000 Morgen und im Warthebruche 123 000 Morgen Sumpfland
in fruchtbaren Boden umgewandelt. Als der König die Arbeiten vollendet
sah, rief er freudig aus: „Hier habe ich eine Provinz im Frieden
erobert." Auf den gewonnenen Ländereien wurden zahlreiche Familien an¬
gesiedelt.
3) Förderung des Handels. Auf königliche Kosten wurden fünfzehn
Städte wieder aufgebaut Den Bürgern suchte der König durch Errichtung
von Fabriken aufzuhelfen; unternehmende Männer wurden bei Anlagen neuer
Fabriken mit Geldmitteln des Königs unterstützt. In Berlin wurden Tuch¬
fabriken, Spinnereien, Kattundruckereien, eine Zuckerfabrik und eine Porzellan-
fabrik angelegt; in den Gebirgsthälern Schlesiens erhob sich ein großartiger
Leinwandhandel. Den Handel förderte der König durch den Bau von
Kanälen. Er legte den Bromberger1), den Plauefchen2) und den Finow-
Kanal3) an.
4) Verbesserung der Rechtspflege. Zur Überführung der Schuldigen
wurde in damaliger Zeit die Folter angewandt. Diese ließ Friedrich bereits
am dritten Tage feiner Regierung abschaffen. Auch die Rechtsordnung war
dem Volke bis dahin unbekannt; Personen und ihr Eigentum waren gegen
Willkür nicht gesichert. Die Rechtsstreitigkeiten wurden lang hingeschleppt,
denn die Richter suchten ihren Geldbeutel zu füllen und richteten oft nicht nach
wahrem Rechte. Friedrich fetzte tüchtige Richter ein und befahl, daß jeder
Rechtsstreit in Jahresfrist nach Recht und Billigkeit entschieden werden müßte.
Zu wiederholten Malen schärfte er den Richtern ein, durchaus ohne Ansehen
ber Person zu richten. „Die Richter müssen wissen," heißt es in einem
königlichen Schreiben, „daß der geringste Bauer, ja der Bettler eben¬
sowohl ein Mensch ist wie Se. Majestät. Vor dem Gesetze find alle
Leute gleich. Danach mögen sich die Richter in allen Provinzen
richten; und wo sie nicht ohne alles Ansehen der Person unb des
Standes richten, so sollen sie es mit Sr. Majestät zu thun kriegen."
1) Der Bromberger Kanal verbindet die Netze mit der Brahe und somit auch die
Weichsel mit der Oder.
2) Der Planesche Kanal verbindet die Havel mit der Elbe.
3) Der Finow-Kanal verbindet die Havel mit der Oder.