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des T erritorialsysteins (cuius regio eins religio),
ursprünglich zur Rettung des Protestantismus ausgebracht,
besonders in Oesterreich, Bayern und den bischöflichen
Ländern Rheinland und Westphaen unerbittliche An¬
wendung zur Beseitigung des Protestantismus. Die
unerträgliche Spannung des Gegensatzes entlud sich im
Hreißigjä h r i giLtL-^xie-gx. (1618—48). Seine Ver¬
anlassung gab der Aufstand der Böhmen, welchen Kaiser
Matthias durch Verletzung der Zusagen des Majestäts¬
briefs Rudolfs II. hervorgerufen. Nach Ueberwindung des
böhmischen Winterkönigs F r i e fc> r i ch Y. von der Pfalz und
C h r i st i a n s von Dänemark gab Kaiser Ferdinand II.
das Restitutiousediet 1629, kraft dessen alle seit dem Pas-
sauer Vertrag eingezogene Stiftungen der katholischen
Kirche zurückgestellt, die Calvirfften vom Religions-
frieden ausgeschlossen und die katholischen Stände an
der Bekehrung ihrer Unterthanen nicht verhindert werden
sollten. König Gustav Adolf von Schweden hinderte
durch seinen Siegeszug von Usedom bis München die
Vergewaltigung der evangelischen Kirche. Seit seinem
Heldentod bei Lützen am 6. November 1632 schwankte das
Waffenglück hin und her, bis der grauenvolle Krieg an
gegenseitiger Ermattung im westphälischeu Frieden
sein Ende fand. Unter schwedischer und französischer
Bürgschaft wurde der Augsburger Religionsfriede be¬
stätigt und auf die Reformirteu als Augsburgische Con-
sessionsverwandte ausgedehnt. Ueber streitigen Besitzstand
der Kirchengüter sollte das Jahr 1624 entscheiden. ' Das
politische Gleichgewicht der protestantischen und katholischen
Stände aus den Reichstagen und m Reichsgericht wurde
sicher gestellt. Die Aufrechterhaltung der den Evangelischen
durch den Frieden verbürgten Rechte überwachte seit 1663
das Corpus evangelicorum. („Gottlob, nun ist erschollen
das edle Fried- und Freudenwort, daß nunmehr ruhen
sollen die Spieß und Schwerter und ihr Mord." P. Ger¬
hard.) Doch war es ein Friede ohne innere Versöhnung,
Deutschland auf ein Jahrhundert verwüstet, verarmt, zer¬
rüttet, an Geist und Kräften gelähmt, an Sitten verwil¬
dert^ und unter Verlust edler Provinzen ausländischem
Einfluß preisgegeben. Seit dem großen Kurfürsten
Friedrich Wilhelm (1640—88) wurde an Stelle
Kursachsens, dessen Fürsten überdies seit dem Uebertritt
Friedlich Augusts des Starken (1698) der katho¬
lischen Kirche wieder angehörten, der jugendlich-aufstrebende
brandenbnrgisch-prenßische Staat der politische Vertrete-
und Sachwalter der evangelischen Kirchen Deutschlands.