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Nebst der Maria Magdalena, der Salome und Johanna ist sie
Zeugin des Todesleidens Jesu; sie befindet sich unter den Frauen,
die am Ostermorgen die Salbung des entschlafenen Seelenfreundes
vornehmen wollen; sie vernimmt mit ihnen die Engelkunde, daß der
Herr auferstanden sei und verkündigt nach Überwindung der anfäng¬
lichen durch den Himmelsboten ihnen eingejagte Furcht den überraschten
Aposteln die herrlich wunderbare Begebenheit.
Steht auch Maria Jakobi hinter ihren beiden schon geschilderten
Namensschwestern an Bedeutung zurück, so ist doch auch ihre Ge¬
stalt als die einer Jüngerin von treuem Herzen und seligen Erfah¬
rungen eine lichtumflossene, und sie hat den Ruhm, dem Herrn unmittel-
bar und persönlich gedient zu haben. Nach Ln--,b-ck>.
Judas Ischariot.
Das dunkelste Blatt in der Geschichte Jesu ist der Verrat des
Judas Ischariot. Daher suchte man zu allen Zeiten, ja selbst schon
zur Zeit der Evangelisten nach einem Beweggründe, der hinreichend
wäre, die entsetzliche That zu erklären. Mag die Ursache sein, welche
sie wolle: Judas hat seinen Namen durch den Verrat für ewige Zeiten
gebrandmarkt, und Liebe und Dankbarkeit zu seinem Meister wohnten
sicherlich nicht in seinem Herzen.
Keine andere biblische Persönlichkeit ist in ihrem Charakter so
verschieden beurteilt worden als die des Judas. Die einen schildern
ihn auf Grund der Stellen Matth 26, 15 und Joh. 12, 6 als einen
höchst habgierigen und geizigen Geldmenschen; andere setzen an die
Stelle der Habgier den Ehrgeiz und die verletzte Eitelkeit, die ein
zurechtweisendes Wort des Meisters nicht habe ertragen können (Joh.
12, 8); noch andere schildern ihn als einen um seine Person sehr be¬
sorgten Charakter, als einen Heuchler und Schmeichler. Er habe
Jesu Untergang vorausgesehen und deshalb beizeiten durch Ein-
schmeichelung bei den jüdischen Machthabern für seine persönliche
Sicherheit sorgen wollen. Wem dies nicht genügend erschien, griff
auf einen übernatürlichen Zusammenhang zurück, selbst Lucas und Jo¬
hannes reden vom Satan, der sich der Seele des Judas bemächtigt, durch
Geldgier ihn bethört und zum Verrat verführt habe.
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