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turen werden zurückgeschlagen; Schweden und Brandenburger behaupten
ihren Posten, bis wieder die Nacht einbricht.
Beim Morgengrauen des dritten Tages berieten die beiden Fürsten
über die nächsten Maßregeln. Sie beschlossen nun, den Angriffen des
Feindes zuvorzukommen und gleich selbst zu attaquieren. Vor allem
galt es, ein auf dem Abhange des Hügels gelegenes Gehölz zu gewinnen.
Es war vom Feinde durch Verhaue geschützt und mit der Hauptmasse
seiner Infanterie besetzt. Ein anhaltendes Feuer der Geschütze eröffnete
den Kampf und erschütterte die Stellung der Polen. Dann aber
stürmten tausend auserlesene brandenburgische Musketiere unter An¬
führung des Feldzeugmeisters von Sparr gegen das Gehölz an,
während die gesamte Infanterie folgte. Ein heftiges Feuer empfing sie,
doch nichts hielt die Braven aus. Mit dem Schlachtrufe: „Gott mit
uns!" stürzten sie sich ans den Feind. In dem erbitterten Kampfe, der
mm entbrannte, wurden die Polen geworfen; das Gehölz ward von
den Brandenburgern genommen und so der erste Erfolg errungen.
Kaum bemerkte der Kurfürst die Fortschritte seiner Infanterie,
so begann er, die Lage richtig erkennend, und ehe der Feind noch
zur Besinnung kommen konnte, mit der Kavallerie vorzugehen. An
der Spitze von sechs Schwadronen trabte er den Sandhügel hinaus,
warf die dort haltenden Reiter über den Haufen, eroberte die aufge¬
pflanzten Geschütze und ließ sie alsbald gegen den Feind richten und
diesen heftig beschießen. Sparr avancierte ans dem Gehölze und trieb
das polnische Fußvolk vor sich her. Die Glieder desselben lösten sich
in wilder Flucht aus; alles eilte der Brücke zu. Viele Poleu wurden
in den Sumpf gedrängt und dort erschlagen oder gefangen.
Noch suchte die polnische Reiterei Stand zu halten. Sie hatte
sich bis hart an die Weichsel zurückgezogen, so wenigstens die Brücke
deckend. Unter persönlicher Anführung des Königs durchbrachen die
Schweden ihre Reihen, obwohl das sumpfige Terrain die Attaque er¬
schwerte. _ Die Polen verloren ihre Fahnen, ihre Pauken und sämt¬
liches Geschütz; viele ihrer Streiter gerieten in die Gefangenschaft.
Vergebens unternahm es der König Johann Casimir, bald durch
Bitten, bald durch Drohungen, die Flucht auszuhalten; umsonst flehte
btc Königin, doch noch einmal dem Feinde die Stirn zu bieten.
Reiter und Fußvolk retirierten unaufhaltsam über die Brücke, von
Brandenburgern und Schweden, die wild in den Knäuel hineinhieben,
zur rastlosen Eile gedrängt. Mit dem Reste seines noch vor kurzem
so stattlichen Heeres floh Johann Casimir nach Lublin.
Noch war die Schlacht nicht zu Ende, da wurden die Verbün¬
deten von den in ihrem Rücken schwärmenden Tataren angegriffen.
Den Sieg konnten diese nicht mehr aushalten, man mußte aber doch
gegen sie Front machen. Nach einem letzten, harten Kampfe glückte
es, sie zurückzuwerfen. Warschau dagegen mußte man an diesem
Tage noch in den Händen der Feinde lassen. Die Brücke war abge¬
brochen, der Fluß aber so angeschwollen, daß sich auch eine nahe
liegende Furt als ungangbar erwies. Erst am folgenden Tage gelang
es, die Hauptstadt zu besetzen.