Full text: Das Jahrhundert des Großen Kurfürsten (Bd. 1)

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Aufführung von großen Steinbauten. Er selbst, der mit Leib und 
Seele Artillerist und Ingenieur war, entwarf die Grundzüge des Bau¬ 
plans; der treffliche Otto Christoph von Sparr unterstützte ihn mit 
seinem Rate, und der Ingenieur Memhard übernahm die Ausführung. 
Auf der berlinischen Seite hielt sich der Plan immer in ziem¬ 
licher Nähe der alten Mauer (sie lag auf der Westseite der Neuen 
Friedrichstraße), blieb jedoch etwas vor derselben. Wegen des dort auf¬ 
steigenden, die Stadt beherrschenden Höhenzuges war man im Raume 
beschränkt. Auf der kölluifchen Seite dagegen sollte die neue Befestigung 
weit über den Bereich der alten ausgedehnt werden. Die alte Mauer 
lief hier in der Richtung der heutigen Friedrichsgracht. Man über¬ 
schritt den vorliegenden Spreearm, den Friedrichs- oder Schleusen¬ 
graben, auch Kupfergraben genannt, und fchloß die ganze dort 
befindliche Vorstadt in die Umwallung ein. Damals reichte der Tier¬ 
garten noch bis in diese Gegend. Der Kurfürst ließ eine bedeutende 
Strecke desselben abholzen, so daß seine Grenze fast bis zur heutigen 
Wilhelmstraße zurückgedrängt wurde. 
Als im März des Jahres 1658 der Kurfürst den Städten seinen 
Entschluß verkündete, Berlin und Kölln zur Festung umzuwandeln, 
war die Bürgerschaft darüber nicht sonderlich erbaut. Sie hatte dazu 
auch keinen Grund. Denn einmal brauchte der Knrsürst sür seine 
Anlage Grund und Boden, den die Städte oder die Bürger hergeben 
mußten, freilich gegen Entschädigung, die aber sehr spät und in 
knappster Weise erfolgte, so daß mancher mit Recht über den ihm zu¬ 
gefügten Schaden klagen konnte. Dann aber nahm der Kurfürst die 
Hilfe der Bürger für das Ankarren der Erde nicht wenig in An¬ 
spruch. Die Vergütung, welche sie dasür erhielten, wog die Last und 
Mühe der Arbeit, wie die Versäumnis in Haus und Handwerk nicht 
auf, und die Bürger murrten laut über das Vorhaben. ' „Schon lange 
vor dieser Zeit hätte man geschanzt", meinten sie, „und es wäre doch 
uichts weiter dabei herausgekommen, als daß die Ingenieure ihren 
Beutel gefüllt hätten. Wolle der Kurfürst bauen, so möchte er es 
nur aus seinen eigenen Mitteln thun. Der Bürgermeister (welcher 
die Befehle des Kurfürsten mitteilte) sollte es ihnen nur vormachen 
und die Karre nehmen, hernach wollten sie ihm schon folgen". 
Trotz dieser Unlust ging der Kurfürst frisch ans Werk. Im 
August 1658 geschah in seinem Beisein beim Stralaner Thore (am 
Ende der stralaner Straße) der erste Spatenstich. 4000 Mann, 
Soldaten, Bürger und Leute aus des Kurfürsten Hofgesinde, schanzten 
täglich; unablässig trieb der Fürst zu Fleiß und Emsigkeit an. Die 
alte Mauer hatte einen vorliegenden kleinen Wall; mit der Erde des¬ 
selben füllte man die alten Gräben ans. Den neuen Graben grub 
man weiter vor; mit der hier ausgehobenen Erde wurde der neue 
Wall errichtet; die Stralaner-, Georgen- und Spandauer Vorstadt ward 
beseitigt. Aus der berlinischen Seite wurde das Werk bis 1662 in der 
Hauptsache vollendet. 1660 schon konnte man zur Feier des Friedens 
von Oliva von den Wällen kanonieren. Nicht ganz so leicht und 
schnell ging es ans der köllnischeu Seite, weil hier der ungünstige
	        
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