Full text: Bis zum Anfange des 16. Jahrhunderts (Bd. 1)

— 79 — 
Tribüne erschien. Er trug die Krone auf dem Haupte. So 
nahm er auf dem Throne Platz, neben ihm ein Kardinal und 
mehrere Bischöfe; hinter denselben stellte sich der oberste Kanzler 
auf, welcher eine Urkunde mit zwei Siegeln in der Hand hielt. 
Auf ein gegebenes Zeichen erstieg nun zunächst der Kurfürst 
Ludwig von der Pfalz die Tribüne und stellte sich zur linken 
Seite des Thrones aus, darauf erschien der Herzog Rudolf von 
Sachsen, ein bloßes Schwert in der Hand. Dasselbe legte er 
dem Könige in den Schoß und nahm darauf feine Stellung 
zur Rechten des Thrones. 
Zwischen seinen beiden Bannerträgern schritt nun Mark¬ 
gras Friedrich die Stuseu des Thrones hinaus: auf der obersten 
Stufe angelangt, beugten alle drei das Knie; vor dem Throne 
knieten sie nieder. Nun nahm der Herzog von Sachsen das 
Schwert wieder vom Schoße des Königs fort, hielt es hoch 
empor, die Spitze gegen das Haupt desselben gerichtet. So 
hielt er dasselbe während der ganzen Handlung. Unter den 
zahlreichen Menschen herrschte die äußerste Stille. 
Der Kanzler verlas darauf zunächst die Urkunde, welche 
unter anderem auch das enthielt, was der neue Kurfürst dem 
Reiche zu leisten und wie er zu wählen habe, falls der Thron 
erledigt werden follte. Nach der Verlesung fragte der Kaiser 
den Markgrafen, ob er solches beschwören wollte, woraus dieser 
mit Ja antwortete und den Eid leistete. Darauf nahm Sigis¬ 
mund das Banner des Markgrafentums Brandenburg aus der 
Haud des Bannerträgers und händigte es feierlich dem Mark¬ 
grafen ein, dann empfing er von dem Pfalzgrafen den Reichs¬ 
apfel mit dem Zepter und legte beides gleichfalls in Friedrichs 
Hand. Ebenso versuhr er mit dem Banner, welches das 
zollernsche Wappen enthielt. Der Herzog von Sachsen nahm 
nun die Spitze des Schwertes von des Kaisers Haupt, worauf 
diefer sich erhob. Sogleich fielen die zahlreichen Pfeifer und 
Postumer mit einer so starken Musik ein, daß niemand sein 
eigenes Wort vernehmen konnte. Nach Vollzug der feierlichen 
Handlung waren die Anwesenden in großer Zahl von dem 
Markgrafen zu einem Imbiß in die Ratsstube geladen. Der
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.