Metadata: Bilder und Lebensbeschreibungen aus der Weltgeschichte

106 48. Vespasian und Titus. Zerstörung Jerusalems. 
und sicheren Zufluchtsort fanden. Vespasian landete in Ptolemais und 
drang von da unter Mord und Brand in Galiläa vor. Als er das 
ganze Palästina bis auf die Hauptstadt erobert hatte, wurde er zum 
Kaiser ausgerufen. Er nahm die Wahl an und überließ die Fortführung 
des Krieges seinem Sohne Titus. 
2. Belagerung Jerusalems. Titus rückte im Jahre 70 vor 
Jerusalem, welches gerade des Osterfestes wegen von Juden überfüllt 
war. Die Stadt hatte eine überaus feste Lage und war außerdem durch 
drei starke Mauern so wohl verwahrt, daß sie fast uneinnehmbar schien. 
Drinnen aber herrschten uuselige Zustände; dort bestanden mehrere Par¬ 
teien, welche mit Feuer und Schwert gegen einander wüteten. Am 
wildesten war die Partei der Zeloten, die den Tempelberg besetzt hielt. 
Der erste feindliche Schleuderwurf tötete einen wahnsinnigen Juden, 
namens Josua, der seit vier Jahren trotz aller Strafen nicht aufgehört 
hatte, mit schauerlicher Stimme sein Wehe über die Stadt, das Volk und 
den Tempel zu rufen. Titus eroberte die erste Mauer, bald darauf die 
zweite. Aber vergebens bot er wiederholt den halsstarrigen Juden die 
Hand zum Frieden. Da beschloß er, sie durch Hunger zur Übergabe zu 
zwingen. Bald stieg die Not in der eng eingeschlossenen, überfüllten 
Stadt auf eine furchtbare Höhe; Hunderttausende von Leichen verhungerter 
Menschen wurden über die Mauer geworfen. Wer aber bei den Aus¬ 
fällen in Gefangenschaft geriet, wurde gekreuzigt, so daß bald 2000 
Kreuze um die Stadt her emporstarrten. „Keine Stadt", sagt der jüdische 
Geschichtschreiber Josephus, „hat je so viel gelitten." Dennoch wollten 
die Zeloten von keiner Übergabe etwas wissen. Je unerträglicher die 
Lage wurde, desto haarsträubender wurden die Greuel, mit welchen die 
unglückselige Stadt sich befleckte. Die nächsten Angehörigen erschlugen 
einander um eines Bissens Brot willen; ja eine Mutter, eine vornehme 
Frau, schlachtete ihr eigenes Kind und verzehrte es zur Hälfte. Die 
andere Hälfte setzte sie den Soldaten vor, die ihr Haus nach Lebensmitteln 
durchsuchten, worauf die rohen Krieger entsetzt von dannen eilten. 
3. Fall Jerusalems (70). Endlich durchbrachen die Rönier die 
dritte Mauer und drangen in die Stadt. Aber nun galt es, den Dempel 
zu erobern, den die Zeloten wütend verteidigten. Sie glaubten, der 
Tempel könne unmöglich genommen werden, Gott müsse ihn schützen. Bis 
zum letzten Augenblicke hofften sie auf ein Wunder, auf das plötzliche 
Erscheinen des Messias. Titus wünschte sehnlichst, das Prachtgebäude 
zu erhalten; aber ein römischer Soldat warf einen Feuerbrand hinein, 
und unter dem Mordgewühl der Kämpsenden, dem Röcheln der Sterben¬ 
den , den Verwünschungen der Priester, dem Jauchzen der Sieger sank 
das Heiligtum in Asche. Grausig war das Blutbad unter den unglück¬ 
lichen Einwohnern der Stadt; da galt kein Erbarmen. Hunderttausend 
Gefangene wurden in die Sklaverei verkauft oder für den Kampf mit 
wilden Tieren bestimmt. Als Titus in die rauchende Stadt einzog und 
die gewaltigen Mauern erblickte, rief er aus: „Wahrlich, Gott selbst 
hat die Juden aus diesen Bollwerken Vertrieben; denn was vermöchten 
Menschen und Brechwerkzeuge gegen solche Steinmassen!" Er ließ nun.
	        
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