63. Kaiser Justinian.
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2. Untergang des Vandalenreiches (534). Zuerst sandte Justinian
den Belisar, den ersten Kriegshelden seiner Zeit, mit nur 15000 Mann gegen die
Vandalen in Afrika. Diese hatten durch das heiße Klima, wie durch Schwelgerei
und Üppigkeit laugst die frühere unbändige Kraft eingebüßt. Belisar schlug sie,
zog als Sieger in Karthago ein und unterwarf in drei Monaten das ganze Land.
Nur der Vandalenkönig Gelimer behauptete sich noch in einer Feste des Atlas¬
gebirges. Aber bald wurde seine Lage so verzweifelt, daß er den ihn belagernden
Hauptmann, einen Deutschen, bitten ließ: „Sende mir ein Brot, damit ich noch
einmal meinen Hunger stillen; einen Schwamm, damit ich meine kranken Augen
befeuchten, und eine Zither, damit ich mein kummervolles Herz durch Lieder er¬
leichtern kann." Er erhielt das Gewünschte und ergab sich bald darauf. Belisar
führte ihn in silbernen Ketten nach Konstantinopel. Als Gelimer dort im Triumph¬
zuge einherschritt, rief er wiederholt die Worte Salomos aus: „O Eitelkeit der
Eitelkeiten; es ist alles eitel!" Justinian wies ihm Güter in Kleinasien an, wo
er mit den Seinen in Frieden leben konnte. So endete das Vandalenreich, nach¬
dem es 105 Jahre (429—534) bestanden hatte.
ß. Das Oftgotenreich in Bedrängnis. Sein leichter Sieg über die
Vandalen reizte Justinian, nun auch seine Waffen gegen die Ostgoten in Italien
zu kehren. Mit einem winzigen Heere von 7000 Mann landete Belisar auf Sicilien,
setzte dann nach dem Festlande über und drang siegend gegen Rom vor. Der .Haß
der Römer gegen ihre gotischen Herren öffnete ihm die Thore aller Städte; auch
Nom gewann er durch Verrat. Als er bis Raveuua vorgedrungen war, boten
die verzagenden Ostgoten ihm die Königskrone an, wenn er zu ihnen übergehen
wolle. Er willigte scheiubar ein und erlangte durch diesen unwürdigen Betrug
Einlaß in bk fast uubezwingliche Feste. Als die Römer einzogen, spieen die
gotischen Weiber ihren Männern ins Gesicht, weil sie sich solchen verächtlichen
Feinden ergeben hätten. Jetzt wäre es mit den Ostgoten wohl bald aus gewesen,
wenn nicht Justinian den Belisar, dem er mißtraute, abberufen hätte. Später
schickte er ihn zwar zurück, versah ihn aber so ungenügend mit Truppen, daß Belisar
selbst bat, den Oberbefehl niederlegen zu dürfen. Die Ostgoten hatten inzwischen
fast ganz Italien wiedererobert.
4. Untergang des Ostgotenreichs (554). Als Belisars Nachfolger
schickte Justinian den Narses, der ein schwächliches Männchen, aber ebenfalls ein
großer Feldherr war, nach Italien. In den Goten lebte zwar der alte Heldenmut
uoch einmal wieder auf; aber sie erlagen der frischeren Kraft der in Narses Heer
kämpfenden germanischen Söldner. Am Vesuv bestanden sie die letzte Schlacht,
weniger in der Hoffnung auf Sieg, als in dem Entschlüsse, ruhmvoll unterzugehen.
Wie ein Löwe kämpft ihr König Tejas allen voran. Als er eben feinen von
zwölf Spießen durchbohrten Schild gegen einen andern vertauschen will, durchbohrt
ihn ein feindlicher Speer. Seine Heldenschar setzt den Verzweiflungskampf fort bis
zum Abend, ja noch den ganzen folgenden Tag. Dann lassen die Überlebenden
dem Narses sagen: „Wir sehen, daß Gott den Goten Italien nicht beschieden hat;
sage nun, ob du uns freien Abzug gewähren willst; wo nicht, so wollen wir lieber
sterben, als uns ergeben." Narses, welcher von Bewunderung für ihre Tapferkeit
erfüllt war, ließ sie ungekränkt ziehen. So ging das Ostgotenreich wenigstens nicht
unrühmlich unter. Von dem herrlichen ostgotischen Stamme verschwand jede Spur.
Justinian nannte Italien „Exarchat", d. h. Außenherrschaft, und erhob Narses