Object: Deutsche Sagen und Geschichten aus dem Mittelalter (Teil 2)

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6. Abends, als die Herren und die Knechte sich 
in der für sie erbauten Herberge zur Ruhe gelegt hatten? 
beschlossen Hagen und Volker, die Nacht über vor der 
Thür des Herrensaales zu wachen In voller Waffen¬ 
rüstung standen sie da, Volker aber setzte sich auf einen 
Stein an der Thür des Hauses und strich die Fiedel» 
dafs es hell durch die Nacht erklang, immer süfser und 
sanfter, bis er die Müden in Schlummer gewiegt hatte. 
Um Mitternacht sahen sie Helmesglanz im Dunkel 
blitzen; es waren Hunnen, die sich zum Überfall der 
Schlafenden gerüstet hatten. Als sie aber die beiden 
Wächter bemerkten, kehrten sie unverrichteter Sache 
zu Kriemhild zurück, die ob solcher Nachricht wenig 
erfreut war. Am ändern Morgen gingen die Helden, 
auf Hagens ,Rat in voller Waffenrüstung, zur Kirche. 
Als Etzel die Burgunden in Waffen sah, sprach er ver¬ 
wundert: „Wie kommt es, dafs ich meine Freunde mit 
dem Helme auf dem Haupte sehe? Ist ihnen von 
jemanden ein Leid geschehen, so soll er es büfsen.“ 
Hagen aber entgegnete, es sei Sitte seiner Herren, bei 
Hoffesten drei Tage lang bewaffnet zu erscheinen. Nach 
dem Gottesdienste begannen die Kampfspiele, denen der 
König und die Königin vom Fenster des Palastes zu¬ 
schauten. Es war anfangs noch fröhliches Scherzen; als 
aber Volker im Übermute einen zierlich gekleideten 
Hunnen im Speerkampfe erstach, da griffen die Hunnen 
zu Schwert und Schild, den Spielmann zu erschlagen. 
Noch aber gelang es dem Könige Etzel, den Streit zu 
schlichten. Das verdrofs die Königin, welche den Kampf 
begehrte; und nun suchte sie Dietrich von Bern zu be¬ 
wegen, dafs er Siegfrieds Tod räche; allein der edle 
Held wollte an den Burgunden keine Treulosigkeit
	        
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