Full text: Bilder und Lebensbeschreibungen aus der Weltgeschichte

228 105. Der Reichstag zu Worms. 
thäten. Dem Tetzel machte Miltitz solche Vorwürfe, daß er vor Schrecken 
und Verdruß erkrankte und starb. 
5. Disputation zu Leipzig (1519). Es war nicht Gottes Wille, 
daß Luthers Werk wieder ins Stocken geraten sollte; die Feinde riefen 
ihn felbst wieder auf den Kampfplatz. Da lebte in Ingolstadt ein hoch¬ 
gelehrter nnd redegewandter Professor, Dr. Eck; der brannte vor Begierde, 
sich an den Ketzern Ruhm zu erwerben. Darum forderte er Luthers 
Freund Dr. Karlstadt zu einer Disputation heraus und nötigte dann 
durch heftige Angriffe auch Luther selbst, daran teilzunehmen. Diese 
Disputation fand im Beisein vieler gelehrter und vornehmer Herren in 
Leipzig statt. Zuerst stritt acht Tage lang Dr. Karlstadt gegen Eck; 
dann trat Luther gegen ihn auf. Die Zuhörer schrieben teils dem einen, 
teils dem andern den Sieg zu, je nachdem sie mit dem Herzen zur Sache 
standen. Luther griff nach diesem fruchtlosen Streite schonungslos immer 
mehr Irrlehren und Mißbrauche der Kirche an; zugleich wuchs die Zahl 
seiner Anhänger, freilich auch feiner Feinde gewaltig. 
6. Verbrennung der Bannbulle (1520). Dr. Eck reiste nach der 
Disputation nach Rom und kam triumphierend mit einer Bannbulle 
zurück; darin stand, daß Luther, wenn er nicht binnen 60 Tagen wider¬ 
rufe , dem Banne verfallen sein solle. Mit dieser Bulle erging es Eck 
aber nur schlecht in Deutschland. An vielen Orten riß das Volk sie von 
den Straßenecken herunter, und in Leipzig mußte Eck sogar vor den 
Studenten die.Flucht ergreifen. Jetzt that auch Luther einen entscheiden¬ 
den Schritt, der das Band zerriß, welches ihn noch mit Rom verknüpfte. 
Er zog mit den Professoren und Studenten von Wittenberg hinaus vor 
das Elsterthor und warf vor den Augen aller die Bulle und andere päpst¬ 
liche Schriften ins Feuer, indem er sprach: „Weil du den Heiligen des 
Herrn (den Herrn Christum) betrübt hast, so betrübe und verzehre dich 
das ewige Feuer!" „Erst habe ich gebebt und gebetet", schrieb Luther 
hierüber an Staupitz; „nun aber bin ich so froh, wie über nichts in meinem 
Leben." Ein Zurück gab es jetzt für ihn nicht mehr; vorwärts denn in 
Gottes Namen! 
105. Drr Reichstag j« Worms (1521). 
1. Nach Worms. Im Jahre 1519 war Kaiser Maximilian ge¬ 
storben, und die Kurfürsten hatten seinen Enkel, Karl Y., König von 
Spanien, an feiner Stelle zum Kaiser erwählt. Sobald derselbe im 
Jahre 1521 nach Deutschland kam, hielt er zu Worms einen Reichstag 
ab, aus dem auch Luthers Sache entschieden werden sollte. Dieser Reichs¬ 
tag ist einer der glänzendsten gewesen, die je abgehalten sind; fast alle 
deutschen Fürsten waren dort anwesend. Luther wurde vorgeladen und 
erhielt vom Kaiser die Zusicherung freien Geleits. Obgleich von einem 
Fieber entkräftet, machte sich Luther dennoch in Begleitung dreier Freunde 
und des kaiserlichen Heroldes voll Freudigkeit auf den Weg. Wagen und 
Pferde lieferte der Magistrat von Wittenberg. Beim Abschiede sagte
	        
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