328 148. Allerlei Gewaltstreiche Napoleons. Krieg mit Österreich.
5. Aufstand der Tiroler (1809); Andreas Hoser. Als Öster¬
reich im Jahre 1809 Napoleon den Handschuh hinwarf, wollten auch die
Tiroler nicht länger das verhaßte bayerische Joch ertragen, welches ihnen
Napoleon nach der Schlacht bei Austerlitz ausgehalst hatte. Begeistert
griffen die tapseru Söhne des Gebirgs für Habsbnrg zu den Waffen. An
der Spitze des Aufstaudes stand Andreas Hofer, der Sandwirt vom
Passeirthale^ eine kraftvolle Gestalt mit einem mächtigen, bis auf den
Gürtel herabwallenden schwarzen Barte, ein redlicher, frommer und kühner
Mann. Einer seiner Unterführer war der heldenstarke Bauer Speck¬
bacher. Wie ein Wetter fuhren die kühnen Männer von den Bergen auf
die Bayern und Franzosen hernieder; da knallten die nie fehlenden
Büchsen; Felsstücke und Baumstämme rollten von den Abhängen auf den
Feind. Wie Helden kämpften diese einfachen Tiroler Bauern und Hirten.
Dem Speckbacher lief heimlich fein zehnjähriger Sohn Anderl nach in die
Schlacht und sammelte die feindlichen Kugeln in fein Hütlein. Dreimal
säuberten die Tiroler ihr schönes Land von allen Feinden, und Hofer war
eine Zeitlang Oberkommandeur in Innsbruck und wußte wohl zu regieren.
Doch alles war umsonst. Als Kaiser Franz bei Wagram erlag, mußte er
selbst seine treuen Tiroler ermahnen, sich zu unterwerfen; unter dieser
Bedingung wollten die Sieger Amnestie (Straflosigkeit) gewähren.
Traurig gehorchte man. Hofer ließ sich jedoch hinreißen, den hoffnungs¬
losen Kampf noch einmal zu erneuern; dadurch gab er sich der Rache der
Feinde preis, die nun eine Belohnung auf feinen Kops fetzten. Ein
schurkischer Bauer, welcher zufällig entdeckte, daß der Geächtete sich mit
Weib und Kind in einer einsamen Alpenhütte unter Eis und Schnee ver¬
borgen hielt, verriet ihn. Hofer wurde nun bei Nacht überfallen, in
Ketten nach Mantua geschleppt und zum Tode verdammt. Getrosten
Mutes stellte er sich vor die Gewehrmündungen der zwölf Schützen, die
das Urteil vollstrecken sollten. Er wollte sich weder die Augen verbinden
lassen, noch niederknieen. „Ich stehe vor dem, der mich erschaffen hat",
sprach er, „und stehend will ich ihm meinen Geist zurückgeben." Dann kom¬
mandierte er selbst: „Feuer!" So starb der treue Hoser, der Mattn
vom Land Tirol (1810). In der Kirche zu Innsbruck ist ihm ein
Marmordenkmal errichtet; seine Familie wurde vom Kaiser geadelt. So
wenig wie die Schweizer ihren Teil, werden die Tiroler ihren Hofer ver¬
gessen; sein Bild ist fast in jeder Hütte zu finden.
6. Napoleons Vermählung mit Marie Luise (i8io). Nach dem
Frieden von Schönbruttn stand Napoleon auf der Höhe feiner Macht. Dennoch
fehlte ihm etwas: feine Gemahlin Josephine hatte ihm keine Kinder
geboren. Sollte er das ungeheure Reich für andere gegründet haben ?
Nein, er schied sich von seiner Frau und hielt nun um die Tochter des
Kaisers Franz an, desselben, den er eben zum viertenmal besiegt und
beraubt hatte. Und siehe, der mutlos gewordene Kaiser opferte dem
Fürchterlichen seine 18jährige Tochter Marie Luise. Mit unbeschreib¬
licher Pracht fand zu Paris die Hochzeit statt; fünf Königinnen trugen
der Braut die Schleppe. Im folgenden Jahre schenkte Marie Luise
1 Die Passeir mündet bei Meran in die Etsch.