Full text: Bilder und Lebensbeschreibungen aus der Weltgeschichte

350 158. Einigung Italiens. 
biederer Herr, seinen Einzug in Frankfurt. Mit seiner Reichsverwaltung 
stand es freilich nur mißlich, weil es ihm an Macht fehlte; doch tröstete 
man sich damit, daß dieser Zustand ja nur ein Übergang sein solle. Eifrig 
beriet man nun, wie das neue Reich einzurichten sei. Einige Schreier 
verlangten eine Republik und Absetzung aller Fürsten; aber die Ver¬ 
nünftigen siegten und wählten im März 1849 den König Friedrich 
Wilhelm IV. zum Erbkaiser von Deutschland. Eine Deputation wurde 
von Frankfurt nach Berlin gesandt, um dem Erkornen die Krone anzu¬ 
bieten, doch unter der Bedingung, daß er nach der inzwischen fertig ge¬ 
wordenen Reichsverfassung regiere. Aber was geschah? Friedrich Wil¬ 
helm IY. lehnte die Kaiserkrone ab. Warum denn? Er sagte: „Ich 
würde die Wahl annehmen, wenn auch die Fürsten damit zufrieden wären; 
aber ich weiß, sie sind es nicht, und mit den Waffen zwingen kann und 
will ich sie nicht." Welche Enttäuschung! Was sollte nun das Parlament 
mit seiner Kaiserkrone und Reichsverfassung anfangen? Das deutsche 
Volk war über diesen Ausgang so erbittert, daß es an vielen Orten auf¬ 
stand, um mit Gewalt die Reichsverfassung den Fürsten aufzuzwingen. 
Da zog aber Prinz Wilhelm von Preußen, der nachmalige Kaiser, den 
Bedrängten zu Hülse und schlug die Rebellen. Der Reichsverweser legte 
seine Würde nieder; die Parlamentsmitglieder gingen mißmutig nach Hause. 
Die Hoffnung der Deutschen auf ein einiges Vaterland war gescheitert, 
und der alte Bundestag, der schon tot war, lebte noch einmal wieder auf. 
6. Friedrich Wilhelms IT. Ende (1861). Nie konnte der edle 
König Friedrich Wilhelm IV. vergessen, daß sein so treu geliebtes Volk 
sich wider ihn empört hatte. Leider folgten noch andere herbe Täuschungen, 
die seinen Mut beugten. Im Jahre 1857 wurde er von einem Gehirn¬ 
leiden befallen, worauf sein Bruder Wilhelm unter dem Titel „Prinz- 
Regent von Preußen" die Regierung für ihn übernahm. Am 2. Januar 
1861 erlöste Gott den frommen König von feinem schweren Leiden. Nie¬ 
mals, so bezeugt sein Bruder Wilhelm von ihm, hat eines Königs Herz 
treuer für seines Volkes Wohl geschlagen. 
158. Einigung Italiens (I8sg). 
1. Italien hör 1859. In Italien sah es vor 1859 fast noch trauriger 
aus als in Deutschland unter dem Bundestage. Auf der Halbinsel gab es sieben 
von einander unabhängige Staaten; es fehlte also Italien die Einheit. Zum 
andern verdroß es die Italiener, daß ein herrlicher Teil des Landes, nämlich die 
Lombardei und Venetien, in der Gewalt der Österreicher war, die dort ein hartes 
Regiment führten. Wie es nun die Sehnsucht der Deutschen war, Schleswig- 
Holstein und Elsaß-Lothringen zurückzuerobern und unter einem Kaiser ein einiges 
Reich zu bilden, so sehnten sich die Italiener, den verhaßten Österreichern die Lom¬ 
bardei zu entreißen und ein einiges Königreich Italien zu gründen. Diese Wünsche 
des italienischen Volkes kannte der König von Sardinien, Viktor Emanuel, 
sehr wohl, und er machte es zu seiner Lebensaufgabe, sie zu verwirklichen. Er 
wollte alles daransetzen, um die Österreicher aus dem Lande zu treiben und dann 
selbst König über ganz Italien zu werden. Was sollte er aber wohl allein mit
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.