159. Wilhelm I. Der dänische Krieg von 1864. 353
in Paris-1814 und 1815 ritt Prinz Wilhelm mit seinem Bruder hinter
den verbündeten Monarchen. Unter den Beschwerden des Feldzuges stählte
sich seine Gesundheit in wunderbarer Weise, und der schwächliche Jüngling
wurde ein starker Mann von hoher, gebietender Gestalt. Im Jahre 1829
vermählte er sich mit der edlen Prinzessin Angusta von Sachsen-
Weimar. Gott schenkte dem hohen Paare zwei Kinder: den Kronprinzen
Friedrich Wilhelm und Luise, nachherige Großherzogin von Baden.
Da Wilhelm keine Anssicht auf die Regierung hatte, so widmete er sich
ganz dem Heerwesen; denn zum Militär hatte er sich von früher Jugend
unwiderstehlich hingezogen gefühlt.
2. Wilhelms I. erste Regierungsjahre. Prinz Wilhelm war aber
dm noch von der Vorsehung für den Thron bestimmt. Sein Bruder
Friedrich Wilhelm IY. starb 1861, ohne Kinder zu hinterlassen, und nun
war Wilhelm der Thronerbe. Mit großer Pracht fand in Königsberg
die Krönung statt; er fetzte sich selber die Krone aufs Haupt. Im
folgenden Jahre berief er Otto von Bismarck, einen Mann von ge¬
waltiger Kraft des Verstandes und Willens, zn seinem ersten Minister.
Das war der richtige Mann zur Ausführung der großen Dinge, durch
welche die Welt in dem nächsten Jahrzehnt überrascht werden sollte. Das
erste Werk aber, welches der König und sein Minister in Angriff nahmen,
war die Vermehrung und Neugestaltung des Heeres. Es that
dem Könige wehe, daß das Volk der Kosten wegen murrte und wider¬
stand ; aber in der festen Überzeugung, daß Preußen ohne ein stärkeres
Heer nie seine Aufgabe erfüllen sönne, blieb er fest und setzte seinen
Willen durch. Er hoffte, man werde es ihm nachher noch danken, und so ist
es geschehen. Diesem Könige, welcher bei seiner Thronbesteigung schon fast
64 Jahre alt war, standen noch drei Kriege, jeder folgende größer und
gefährlicher als der vorige, bevor, die er nun mit Hülfe des neu¬
geschaffenen Heeres durch Gottes Gnade glorreich beenden konnte. Der
erste dieser Kriege war der dänische.
3. Ursache des dänischen Krieges. Die deutschen Herzogtümer
Schleswig und Holstein hatten, seitdem um 1460 ihr Herrscherhaus
erloschen war, den König von Dänemark zu ihrem Herzoge. Sie hatten
es sich feierlich verbriefen lassen, daß sie ihre eigenen Gesetze und Rechte
behalten und „up ewig ungedeelt“ bleiben sollten. Die Herzogtümer ge¬
hörten also nicht zu Dänemark, sondern hatten nur mit Dänemark den¬
selben Herrscher, ein Verhältnis, welches man Personalunion nennt. Die
Dänen hatten es sich nun in den Kopf gesetzt, die Herzogtümer völlig
dänisch zn machen, zunächst Schleswig; denn mit Holstein mußte man,
weil es zum deutschen Bunde gehörte, vorsichtiger sein. Die Schleswig-
Holsteiner aber wollten sich weder auseinanderreißen lassen, noch dänisch
werden und setzten allen Quälereien den zähesten Widerstand entgegen.
Vergebens, im Jahre 1863 verkündete der dänische König Christian IX.
feierlich die Einverleibung Schleswigs in Dänemark. Da blickten
die Schleswig-Holsteiner hülfefucheitb nach Deutschland. Und König
Wilhelm von Preußen beschloß, dem unterdrückten deutschen Brnderstamme
zu Hülse zu kommen. Österreich schloß sich ihm an.
Kaiser, Weltgeschichte. 23