Full text: Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz

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der Entbehrungen und der Niedrigkeit lange tragen mußten. Von der 
im 13. und 14. Jahrhundert erklommenen höhe sank der deutsche 
Bauer wieder herunter in tiefe Knechtschaft, und als der ,,arme Mann" 
durch aufrührerische Erhebungen am Uusgange des 15. und zu Be¬ 
ginn des 16. Jahrhunderts, besonders aber durch den Bauernkrieg 
(1525) Milderung Hes harten Loses und Freiheit zu erringen suchte, 
da legte der Besieger das Joch der Unfreiheit und Leibeigenschaft noch 
härter als ehedem auf ihn. 
Erst in der zweiten Hälfte des 18. und mit dem Unbruche des 
19. Jahrhunderts wurde der Grund gelegt zur zweiten Blütezeit des 
Bauernstandes, der er gerade in der Gegenwart mehr und mehr 
entgegenstrebt. Gleich anderen erleuchteten Herrschern boten auch die 
Fürsten des Hauses Mittelsbach ihre Hand dazu, den geplagten Land¬ 
mann einer besseren Zukunft entgegenzuführen. In Zeiten besonderer 
Not nahmen sich die bayerischen und pfälzischen Mittelsbacher von 
jeher nach Kräften der armen Untertanen an. Kurfürst Maximilian I. 
entfaltete nach der ,,fürchterlichen Lturmnacht des Dreißigjährigen 
Krieges" noch am Zpätabend seines Lebens eine unermüdliche Tätig¬ 
keit dem aus tausend Munden blutenden Lande zu helfen. Getreide und 
Mehl erhielten die hungernden, Laatkorn und herrenlose Grundstücke 
die verarmten Bauern zum Geschenk. Herzog Ulexander der 
Lahme, der seine Landsburg bei Obermoschel zur landwirtschaft¬ 
lichen Musteranstalt und zu einer „Hilfsanstalt" der Nachbarorte um¬ 
schuf, ließ in „saatschlechten" Jahrgängen keimfähige Laatfrucht aus- 
leihen, alljährlich „Fruchtgaben an Urme, Blinde, Kranke" verab¬ 
reichen. 
Bekannt ist die große Fürsorge des Kurfürsten Maximi¬ 
lian III., des Vielgeliebten, für die notleidenden Untertanen in den 
Hungerjahren 1770/71. Künftigem Elend zu wehren führte er in 
Bayern den Kartoffel- und Tabakbau ein, befahl den Unbau von 
Kleesorten und bemühte sich sein Volk vor allem durch eine bessere 
Bildung vorwärts zu bringen. 
Unter Karl Theodor, der sowohl in der Pfalz als auch in 
Bayern die Landwirtschaft möglichst begünstigte, entstanden vieler¬ 
orts ökonomische Gesellschaften zur Hebung des Landbaues. 
Die zu „Lautern" im Jahre 1769 gegründete „physikalisch-ökonomische 
und Bienengesellschaft" rief, von Karl Theodor gefördert und mit 
Geldmitteln unterstützt, in der alten Barbarossastadt 1774 sogar eine 
landwirtschaftliche Lehranstalt ins Leben, vielleicht die 
erste ihresgleichen in ganz Europa.
	        
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