Full text: Griechische und römische Geschichte (Teil 1)

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Doch wenn er wacht, oft hart und wild, 
Hat kein Erbarmen mit dein Thier; 
Drum laßt uns fliehen fort von hier. 
Und Häschen läuft und Zeisig fliegt. 
Doch Knab' und Mägdlein schlummernd 
liegt. 
Und beiden wie im Traum es kam, 
Als ob die Thierchen fromm und zahm 
Liebkosend fick an sie gewagt 
Und manch verständlich Wort gesagt. 
Und als sie beide endlich wach, 
Da schau'n sie aller Seiten nach. 
Doch still und leer ist Strauch und Baum. 
O weh', cs w'ar ein bloßer Trawn. 
„Fort, Bruder! fort! ich fürchte mich! 
s ist hier so öd' und schauerlich!" 
Als Knab' und Mägdlein hciimvärts 
springt, 
Hoch in der Luft das Vöglcin singt: 
's wär nirgends öd' um euch und leer, 
Wenn nicht der Mensch so grausam wär'; 
Wenn er nicht selbst das Thier verscheucht', 
Das sich vertrauend zu ihm neigt. — 
So geh' er aber hübsch allein, 
Herr Mensch, ich mag nicht bei ihm setvi 
Ihr, die ihr's kennt, und die 
ihr's wißt, 
Wie süß der Funke Leben ist. 
Die ihr ihn ehrt und sorgend 
schont, 
Gleichviel, in welcher Brust er 
wohnt, 
Die ihr leichtsinnig nichts zer¬ 
stört, 
Selbst wenn's zu Thieres Lust 
gehört. 
Und die ihr denkt: Das kleinste 
Thier 
Hat einen Vater doch mit mir: 
Geht nur getrost durch Wald und Flur 
Euch grüßt mit Freuden die Natur; 
Vor eurem freundlichen Gesicht 
Entfliehen ihre Kinder nicht. 
Doch wo ich einen finden sollt', 
Der anders dacht' und anders wollt', 
Da stimm' ich mit dem Voglein ein: 
Herr Mensch, ich mag nicht bei 
dir sein. 
~ (v. Heuwald.) 
26. Dre Zugvvgel. 
Fast alle die lieben Sänger, die uns im Frühlinge und Sommer 
den Garten und den Wald beleben, ziehen fort von uns, wenn der 
Herbst kommt, wenn die Blätter auf den Bäumen gelb und roth werden, 
und dann ein Blatt nach bent andern herniederfällt auf die Erde. Manche 
ziehen allein, manche Pärchen und Pärchen, manche in großen Schwärmen. 
Sie können den kalten Winter nicht ertragen; ihr Federkleid ist zu 
sommerlich und leicht; sie würden ja erfrieren. Und wo sollten sie auch 
alle die Beeren und Raupen und Würmer und Körnlein staden unter 
Eis und Schnee, von denen sie leben? Wenn der Morgen kommt, 
wollen sie doch essen, und Mittags auch, und Abendbrod wollen sie 
auch gern haben, auch wohl noch ein kleines vierte Mal dazwischen, — 
wo sollten sie das herbekommen? 
Ziehn die Wolken vor den rauhen Winden dahin, als flögen sie, so 
ziehn auch die meisten Vögel fort, fort nach Süden, in wärmere Länder, 
wo der liebe Gott ihnen schon wieder den Tisch gedeckt hat; sie ziehen 
über Berg und Thal, über Bäche, Ströme, selbst über das Meer da¬ 
hin, hundert Meilen, zwei hundert Meilen weit und noch weiter. 
Niemand zeigt ihnen den Weg; sie wissen ihn schon selbst zu stn- 
den; aber ehe sie ihren Weg antreten, hoch in der Luft, oder niedrig, 
über die Stoppelfelder dahin, sind sie nicht fröhlich, sie flattern umher, 
sie sammeln sich, Männchen und Weibchen, und Brüder und Schwester¬ 
chen, und Verwandte und Freunde, schweben dann noch ein Mal hin 
rings um die Gärten und Häuser — und husch! geht es fort. Schwal¬ 
ben und Wachteln, Nachtigallen und Grasmücken, die Roth- 
kehlchen, die Bachstelzen und Nothschwänzchen, Goldhähn¬
	        
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