Full text: Bergers Erzählungen aus der Weltgeschichte

— 207 — 
folgedessen wurde der König mit seiner Familie in einem allen 
Tempelherrnschlosse zu Paris in Gefangenschaft gehalten und die 
in Paris befindlichen Geistlichen, Adeligen und sonst vornehmen 
Leute als Verdächtige eingekerkert. Die Nationalversammlung be¬ 
schloß, sich aufzulösen, nnd berief auf den 20. September eine 
neue Versammlung, den Nationalkonvent, welcher über die Regie¬ 
rungsform Frankreichs entscheiden sollte. Der Pariser Gemeinde¬ 
rat, gleichfalls aus Jakobinern bestehend, teilte unter dem Pariser 
Gassenpöbel Waffen aus, und die Jakobiner trafen Veranstaltung, 
daß aus ganz Frankreich Scharen von entlassenen Zuchthäuslern 
und anderem verworfenem Gesindel nach Paris kamen. Die könig¬ 
lichen Truppen und die Freiwilligen, die sich zum Heerdienste 
meldeten, wurden an die Grenze geschickt. Hierdurch kamen die 
Jakobiner in den Besitz der Gewalt zu Paris und unterdrückten 
mit ihren Pöbelrotten nicht nur die Anhänger der Königsregierung, 
sondern auch alle Freunde einer gesetzlichen Freiheit. Auf Veran¬ 
lassung Dantons wurden in den Tagen vom 2. bis 6. September 
1792 vom bewaffneten Pöbel die Gefängnisse erbrochen und gegen 
4000 gefangene „Aristokraten" auf scheußliche Art niedergemetzelt. 
Am 21. September 1792 beschloß der Nationalkonvent die 
Abschaffung der Königsregierung und die Einführung der Republik, 
der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit der Menschen. Frank¬ 
reich wurde nunmehr durch zwei Ausschüsse des Konvents regiert, 
den Sicherheitsausschuß und den Wohlfahrtsausschuß. Thatsächlich 
waren die beiden Häupter des Jakobinerklubs. Danton und Robes¬ 
pierre, die unbeschränkten Gebieter. Der König wurde vom Kon¬ 
vent als Verräter der Republik zum Tode verurteilt und am 
21. Januar 1793 enthauptet. Dasselbe Schicksal hatte ein halbes 
Jahr später seine Gemahlin Maria Antoinette, die Schwester des 
Kaisers Joseph II. Der Sohn des Königs wurde einem Schuh¬ 
slicker in die Lehre gegeben und von diesem zu Tode gequält. Um 
alle Feinde der „einen und ungeteilten Republik" zu vernichten, 
wurde ein Revolutionstribunal eingesetzt, ein Gerichtshof, der 
auf die elendesten Angebereien hin mit Verletzung aller Rechts¬ 
formen Todesurteile aussprach. Durch ganz Frankreich wurden 
in jener „Zeit des Schreckens" viele Tausende von rechtlichen 
Menschen, Männer und Frauen, mittels der Guillotine*) enthaup¬ 
tet oder massenweise erschossen, erschlagen, ertränkt.**) Alles, was 
*) Hinrichtungsmaschine mit einem herabfallenden Beile, Fallbeil. 
**) Einer der berüchtigtsten Schreckensmänner war in dieser Zeit Eulo¬ 
gius Schneider zu Straßburg. Er war der Sohn schlichter Ackers¬ 
leute aus dem Bistum Würzburg, trat nach seinen Studien zu Würzburg 
tn das dortige Franziskanerkloster, verließ den Orden, wurde Hofprediger 
des Herzogs von Württemberg, dann Professor an der Universität in Bonn, 
kam 1791 in das Elsaß, übernahm das Pfarramt in Dossenheim uud Ober¬ 
bronn (im Unter-Elsaß) und wurde dann Generalvikar des revolutionär- 
gesinnten Bischofs Brendel in Straßburg. Als wütender Jakobiner erhielt
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.