Full text: Bis zum Interregnum (Teil 1)

— 180 — 
Adel ist also durchaus nicht in allen Fällen auf den alten ger¬ 
manischen Volksadel zurückzuführen. In Westfalen nnd Holstein 
stammt er z. B. zum großen Teil von altfreien Bauern ab. In Ober- 
deutfchland und der rheinischen Gegend wurden die vornehmeren 
Ritter zum Unterschied von den aus Unfreien hervorgegangenen 
auch Barone genannt. 
Konnte alfo anfangs jeder entweder als Grundbesitzer oder 
als Beamter zum Ritter emporsteigen, so verlangte man später 
ritterliche Abstammung, die Ritterbürtigkeit, die man als 
erwiesen ansah, wenn wenigstens vier ebenbürtige Ahnen nach¬ 
gewiesen werden konnten. Damit schloß sich der Stand scharf 
von dem übrigen Volke ab; er wurde zum Geburtsstand, und 
unter seinen Mitgliedern bildete sich namentlich durch französischen 
Einfluß eine feinere einheitliche Lebensform und ein besonderes 
Ritterrecht heraus. 
Jeder Ritterbürtige wurde wie die Fürsten Herr genannt und 
erhielt die Anrede „Ihr". Ein Jüngling war ein Jungherr oder 
Runter. Das Wort Frau bezeichnete ebenso verheiratete wie un¬ 
verheiratete Ritterdamen; doch wurden die jungen, selbst die jungen 
Hausfrauen, auch mit Fräulein angeredet. Der Unterschied von 
verheirateten und unverheirateten Damen kam in den Bezeichnungen 
„Maget" uud „Wtp" zum Ausdruck. 
Die Fürsten uud die Herreu des hohen Adels, die im Kriege 
an der Spitze ihrer Lehnsleute standen, hießen die Vannerherren, 
da sie berechtigt waren, ein eigenes viereckiges Banner oder Panier 
vorantragen zu lassen. Die andern führten nur ein Wappen, d. i. 
ein Waffenzeichen, im Schilde. Zur genauen Bezeichnung der 
Ritter fügte man seinem Namen den des Wohnsitzes hinzu, z. B. 
Konrad von Wettin. Doch geschah dies auch bei jedem andern 
aus dem Volke. Erst später ist das „von" das Kennzeichen der 
Adelsnamen geworden. 
b) Erziehung des Ritters. Für seinen Berits bedurfte der 
Ritter einer besonderen Ausbildung. Bis zum 7. Jahre blieb 
er unter der Obhut der Mutter. Daun kam er an einen fremden 
Ritterhof, hatte dort als Edelknabe dem Herrn oder der Frau auf¬ 
zuwarten und erhielt vielfach zur Ausbildung einen besonderen 
Zuchtmeister. Solche wurden namentlich an den Fürstenhöfen zur 
Erziehung der ritterbiirtigen Jugend gehalten. Ihnen lag vor 
allem die körperliche Ausbildung der Knaben ob; denn ihr späterer
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.