Full text: Bis zum Interregnum (Teil 1)

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auch der Reichtum der Herden erklärlich. Ein weiteres Haupt¬ 
nahrungsmittel bildete die Frucht des Hafers, die wie andere 
Körnerfrüchte zwischen Steinen zu Mehl zerrieben wurde. Aus 
diesem bereitete man mit Wasser oder Milch einen Brei, der bei 
den Germanen das immer wiederkehrende Gericht wie heute die 
Kartoffeln bildete. Wie lange in manchen Gegenden der Hafer 
diesen Vorzug genoß, daran erinnert Hebels Gedicht „Das Haber¬ 
mus". Brot kannte man noch nicht. Der Anfang des Backens 
bestand höchstens darin, daß man den aus Mehl und Wasser her¬ 
gestellten Brei zwischen heißen Steinen röstete. Erst später kam 
das gesäuerte Brot vom Süden zu den Germanen. Als Gemüse 
kamen auf den germanischen Tisch Erbsen, Bohnen, Rüben und 
Rettiche. Gern nahm man außerdem aus der Hand der Natur 
die Beeren des Waldes. Schmackhaftes Obst bot das deutsche 
Land in vorchristlicher Zeit noch nicht. Als älteste Baumfrucht 
kam zuerst nur der Holzapfel vor, der aber nicht zum Essen, 
sondern höchstens zur Herstellung von Getränken verwendet wurde. 
Durch die Bekanntschaft mit römischer Kultur entwickelte sich aber 
schon in den ersten christlichen Jahrhunderten namentlich in der 
Rheingegend eine blühende Obstkultur; man baute Äpfel, Birnen, 
Pflaumen, Nüsse, Kirschen, Pfirsiche. 
Zu dem, was die Herde und der Boden für die Ernährung 
lieferte, kam weiter vor allem das Fleifch, das schon des rauhen 
Klimas wegen einen wesentlichen Bestandteil der germanischen 
Mahlzeiten bildete. In erster Linie gehörte dazu das Wildbret, 
die Beute der Jagd. Wenn die Germanen einen Hirsch oder 
Bären oder ein Wildschwein mit heimbrachten, so wurde das 
Fleisch am Spieße gebraten und so zur Speise der Herren vorge¬ 
richtet. Art diese Art der Zubereitung erinnert auch das Wort 
Wildbret (— zum Braten bestimmtes Wild). Die Anwohner der 
See und der Binnengewässer trieben frühzeitig auch Fifchfaug. 
Tiere der Herde wurden nur bei besonderen Anlässen, häufiger 
aber mit Beginn des Winters geschlachtet, und säst immer geschah 
solches Fleischessen anläßlich eines Festes, das man zu Ehren 
einer Gottheit feierte. Darum erlangte das Schlachten der Tiere die 
Bedeutung des Opfers. Fleischnahrung lieferte anfangs vor allem 
das Pferd, das vielfach wild auf der Weide aufwuchs. Bei allen 
heidnischen Festen spielte es eine wichtige Rolle, weshalb auch 
später die christlichen Missionare heftig gegen Pferdeschmäuse an¬ 
kämpften. Weiter wurde von alters her das Fleisch des zahmen 
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