274
36. Totila, der große Gotenheld.
tigsten Mann den Hildibad in Verona. Also sandten sie
nach diesem aus, der schnell herbeikam, begrüßten ihn als
König und baten ihn, sein Volk nicht zu verlassen, und er
leistete ihnen den Königsschwur. Belisar aber schiffte sich mit
Witichis, einigen der edelsten Gotenfürsten und dem ganzen
Königshort nach Konstantinopel ein. Der Kaiser zeigte sich gegen
den unglücklichen König und seine Gattin wohlwollend und be¬
wunderte die Körpergröße und Schönheit der Goten. Belisar
schützte zwei Jahre lang das Reich vor den wilden Persern,
dann wurde er auf eine nichtige Anklage hin abberufen und
von Justinian seiner Würden und Ämter entsetzt. Schon
vorher war Witichis aus dem Leben geschieden. Justinian
hatte ihm die Senatorenwürde und den Ehrennamen eines
römischen Patricius verliehen. Aber das Weh über sein ver¬
fehltes Dasein fraß dem beklagenswerten Mann am Herzen.
Er starb in der Blüte seiner Jahre (542). Er hat mit
männlichem Mut und nicht ohne weitblickende Klugheit ge¬
rungen gegen ein übermächtiges Schicksal, dem er unterliegen
sollte. Wenige Fürsten mögen gelebt haben, denen das Glück
so unerbittlich abgewendet blieb.
36. Totila, der grohe Gokrnheld.
Schon unter Hildibad, einem tüchtigen Fürsten, schwang
sich die gotische Volksmacht neu empor. Im Anfang hatte
er zwar nur 1000 streitbare Männer bei sich und besaß außer
Pavia keine einzige Stadt; aber bald schlossen sich ihm fast alle
Bewohner Norditaliens an, und zwar nicht nur die Goten,
sondern sogar viele Italiener. Denn der Mann, den Ju¬
stinian nach Belisars Abberufung zur Verwaltung des Landes
abgesandt hatte, machte sich und die kaiserliche Herrschaft durch
schmutzigen Geiz und schnöde Habsucht bei allen verhaßt. Ein
einziger kaiserlicher Feldherr wagte es, sich dem Gotenkönig
zur Schlacht entgegenzustellen; aber er erlitt durch biesen
eine schwere Niederlage. Leider fiel Hildibad, der so glän¬
zend begonnen hatte, nach kaum einjähriger Regierung als