Full text: Die deutsche Geschichte in ihren wesentlichen Grundzügen und in einem übersichtlichen Zusammenhang

Kap. 21. § 108. Kaiser Heinrich IV. (Zerstörung der Harzburg.) 135 
6000 Mann an der sächsischen Grenze anlangte und in der Werra¬ 
gegend ein Heer von 40,000 Sachsen sich gegenüber sah, schlug er, durch 
Kälte und Hungersnot bedrängt, den Weg der Unterhandlungen ein, auf 
welche sich die sächsischen Fürsten wider Erwarten einließen. Sie verlang¬ 
ten aber, der König solle alle seine Burgen abbrechen, die eingezogenen 
Güter herausgeben und den Grafen Otto von Nordheim wieder in das 
Herzogtum Baiern einsetzen. 
Im ersten Unwillen verwarf der König zwar diese demütigenden Be¬ 
dingungen; allein da sich selbst die zu ihm stehenden Fürsten weigerten, 
die Waffen zu gebrauchen, so sah er sich genötigt, nachzugeben, und so 
kam am 2. Febr. 1074 der Vertrag von Gerstungen zu Stande, 
worauf der König sein Hoflager nach Goslar verlegte, um die Vertrags¬ 
bedingungen zu erfüllen. Die Belagerung seiner Burgen wurde aufge¬ 
hoben, die Besatzungen zurückgezogen, und nun machten sich die Bauern 
mit Herzenslust daran, sie alle bis auf den Grund zu zerstören; 
von der mächtigen, prachtvollen Harzburg ließen sie nur die Kirche und 
das Domherrnstist stehen, wie ausgemacht war. 
Mit bittern Gefühlen verließ der König Goslar und das Sachsenland 
und kehrte nach dem treuen Worms zurück. Aber schon am dritten Tag 
nach seinem Abzug stürmte ein neuer Bauernhause gegen die Harzburg, 
steckte die Kirche in Brand, zertrümmerte die Altäre, raubte die heiligen 
Gefäße und ging in seiner Roheit so weit, daß er aus der Gruft die 
Gebeine seines Bruders und Söhnleins herausriß und in alle Winde zer¬ 
streute. Zwar straften die sächsischen Fürsten selbst die Frevler und ließen 
dem Könige durch Gesandte ihre Unschuld an diesem Vorgang beteuern; 
aber der tiesgekränkte König nahm ihre Rechtfertigung nicht an und rief, 
weil ihn das Reich nicht unterstütze, die Hilfe des Papstes gegen das 
tempelschänderische Volk der Sachsen an. 
Während der Papst aus politischen Gründen zögerte den Bann über 
Sachsen auszusprechen, erschienen jetzt die oberdeutschen Fürsten in Person 
beim Könige — unter ihnen der Erzbischof Siegfried, die Herzoge 
Rudolf, Berchtold, Welf und Gottfried — und boten dem Könige 
ihren Beistand gegen die Sachsen an. 
Nachdem Heinrich die deutsche Westgrenze gegen etwaige Absichten 
Frankreichs und Englands dem treuen lothringischen Gottfried zur Be¬ 
wachung übertragen hatte, ging er nach der Ostgrenze und traf Anord¬ 
nungen, den von den Polen aus Ungarn verdrängten König Salomo 
wieder in sein Reich einzusetzen. Sein Ansehen war bereits so gehoben, 
daß die oberdeutschen Fürsten seinem Aufgebot gegen die Sachsen folgten, 
deren Fürsten die Rache des Königs fürchteten und weil ein Teil von 
ihnen zu ihm übertrat, seine Gnade nachsuchten. Diese wollte er ihnen 
aber nur auf bedingungslose Unterwerfung und gegen Auslieferung Otto's 
und Burkhard's gewähren. 
Als sich das aufgebotene Reichsheer mit allen Fürsten bei Breiten¬ 
bach an der Fulda eingefunden hatte, war auch das sächsische Heer mit 
einer großen Anzahl Bauern bis an die Unstrut gerückt, und dort kam es 
bei Hohenburg in der Nähe von Langensalza im Juni 1075 zu einer 1075 
entscheidenden Schlacht, aus welcher der König als Sieger hervorging.
	        
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