238 Kap. 29. § 166. Kaiser Sigismund. (Konzil zu Constanz. Papstwahl. Konkordate.)
Hann, der unterdessen nach Freiburg gewichen war, wurde gefänglich
eingezogen und nach Heidelberg gebracht, wo er unter der Aufsicht des
Pfalzgrasen einige Jahre in leichter Haft gehalten wurde. Von den zwei
andern Päpsten legte Gregor seine Würde ohne Weigerung, Benedict
aber nicht einmal dann nieder, als Sigismund selbst nach Spanien reiste
und den König von Aragonien vermochte, demselben seinen Schutz zu ent¬
ziehen; er protestierte bis an sein Ende. Der Kaiser machte übrigens diese
Reise, auf der er auch nach Paris und London ging, in dem Sinne,
in welchem er dem Concil überhaupt erklärt hatte, daß er „als weltliches
Haupt christlichen Volkes" sich berufen fühle, den Frieden zwischen
allen Reichen und Völkern der Christenheit zu gründen.
Im Jahre 1411 hatte Sigismund (mit Wenzels Einwilligung) die Mark Bran¬
denburg an Friedrich VI von Hoh enzolle rn, Burggrafen von Nürnberg, ver¬
pfändet, einen tapfern und einsichtsvollen Mann, welcher sich große Verdienste um
Sigismund erwarb und als Statthalter die Markgrafschaft aufs beste verwaltete.
Wegen solcher Verdienste verlieh ihm Sigismund die Mart Brandenburg nebst der
Kurwürde erblich 1415 und belehnte ihn damit feierlich in Constanz 1417. So wurde
der Hohenzoller Friedrich der Stifter d e s brandenburg-preußi¬
schen Hauses.
Dagegen kostete dem Herzog Friedrich von Österreich jene Unterstützung,
die er dem Papst bei seiner Flucht geliehen hatte, seinen ganzen Länderbesitz in Folge
der R e i ch s a ch t, die der Kaiser über ihn verhängte (daher des Herzogs Spottname
„Friedrich mit der leeren Tasche"). Er wurde indes, nachdem er Abbitte geleistet hatte,
begnadigt und erhielt später seine schwäbischen Besitzungen, nicht aber seine schweizeri¬
schen zurück, von welchen letzteren Bern den Aargau, Zürich Stadt und Schloß
Baden, andere Eidgenossen andere habsburgische Gebietsteile an sich gerissen hatten.
Als es nun an die allgemein geforderte eigentliche Kirchenverbesse¬
rung gehen sollte, schlugen die Deutschen vor, die vorhandenen Kirchenge¬
brechen vor der Wahl eines neuen Papstes abzustellen; allein die Italiener
wußten die Stimmen der andern Nationen dafür zu gewinnen, daß die
Papstwahl zuerst vorgenommen wurde. Sobald der neue Papst, ein kluger
Italiener aus dem gräflichen Hause Colonna, unter dem Namen Mar¬
tin V, gewählt und eingesetzt war, ließ er sich vom Concilium nichts mehr
an der ihm verliehenen Gewalt abdringen, sondern schloß mit den einzelnen
Fürsten Konkordate, d. i. besondere Verträge, welche ungeachtet mancher
Zugeständnisse dem päpstlichen Stuhle seine bisherige Gewalt sicherten, die
Kirche selbst aber in ihrer Verweltlichung beließen.
Eine Hoffnung blieb den Reformfreunden noch in dem vom Concilium
gefaßten Beschlusse, daß alle zehn Jahre eine allgemeine Kirchenver¬
sammlung, ja die nächste schon nach sechs Jahren zu halten sei. Auch stand
seit dem Kostnitzer Concilium vielen der darin ausgestellte, oben erwähnte
Grundsatz fest, daß ein allgemeines Concilium die Kirche vorstelle und der
Papst sich den Beschlüssen desselben zu fügen habe. Die Päpste freilich
boten fortwährend alles auf, diesen Grundsatz nicht in wirksame Anwendung
kommen zu lassen (176).
167. So war denn eine gemeinsame Lösung der Reformationsfrage
nicht zu stände gekommen. Aber auf der nämlichen Kirchenversammlung
kam eine Verhandlung vor, welche durch ihren verhängnisvollen Ausgang
von tiefeingreifenden Folgen für die Zukunft der Kirche war.
Es war dies die Verurteilung des böhmischen Universitätslehrers Johann
Hus und der von ihm versuchten Kirchenreform.