Kap. 30. § 171—172. Kais. Friedr. III. (Kampf um die Niederlande. Wien befreit.) 253
sie nach Paris gebracht, um dort für ihre künftige Bestimmung erzogen
zu werden. Erst durch angestrengten Kampf und durch die Eroberung
von Sluis brachte Maximilian die Flandrer dahin, ihm die Regent¬
schaft zu überlassen (1485).
Im folgenden Jahre (1486) wurde Maximilian auf dem Reichstag
zu Frankfurt einstimmig zum deutschen König gewählt und zu Aachen
gekrönt, weil man von ihm die Rettung Österreichs aus den Händen des
Ungarnkönigs Matthias Corvinus erwartete; denn dieser hatte im vor¬
hergegangenen Jahre Wien durch Hunger zur Übergabe genötigt und die
Eroberung Österreichs vollendet, ehe der Kaiser sich von deutschen Fürsten
hatte Hilfe verschaffen können. Maximilian machte den österreichischen
Ständen zwar seine Erhöhung bekannt und traf Anstalt, mit der ihm be¬
willigten Reichshilfe seine Erblande vom Joche der Ungarn zu retten, als
ein neuer Aufstand der Flandrer ihn wieder nach den Nieder¬
landen rief. Dort geriet er in solche Not, daß ihn die Brügge r sogar
vier Monate lang gefangen hielten und ihn erst dann seiner Haft ent¬
ließen, als der alte Kaiser selbst mit einem Reichsheer im Anzuge war,
worauf sie endlich die Regentschaft Maximilians anerkannten. Nachdem
auch die Holländer und Friesen eine Demütigung erlitten hatten,
sah sich Maximilian endlich im Besitz von ganz Nieder¬
land (1489).
Während Maximilian in Brügge gefangen saß, schwebte er beständig in Todes¬
gefahr. Denn da er standhaft alle entehrenden Zumutungen von sich wies, töteten die
erbitterten Bürger seine wenigen Kriegsleute, folterten seine Räte und Diener, ja ließen
15 derselben enthaupten. Jedermann fürchtete für das Leben des Königs. Da erschien
einst sein lustiger Rat, Kunz von der Rosen, als Mönch verkleidet im Gefängnis
und drang in seinen Herrn, in dieser Mönchskleidung zu entfliehen, während er statt
seiner zurückbleiben wollte. Allein der edle Fürst konnte sich nicht entschließen, sein Leben
mit dem Verderben dieses treuen Dieners zu retten. — Die Strafe, die der Kaiser über
die Aufrührer verhängte, bestand darin, daß die Stadträte von Gent, Brügge und
Wern knieend Abbitte leisten und 300,000 Goldgulden zahlen mußten.
172. Erst nach Beilegung dieser Kämpfe in den Niederlanden konnte
der Kaiser gegen den kriegsgewaltigen Corvinus, der ihm seit 1485
Wien vorenthalten und ihn gezwungen hatte, „ins Reich" zu flüchten, die
Reichshilfe in Anspruch nehmen, da bisher der Ungarnkönig auf keine Weise
zur Räumung Österreichs zu bewegen war. Nun bot derselbe zwar dem
Kaiser dieses Land für eine Geldsumme an; doch Friedrich ging nicht auf
dieses entehrende Anerbieten ein. Während es hierauf zu einer persönlichen
Unterredung kommen sollte, wurde Matthias Corvinus krank und
starb den 6. April 1490. Sogleich eilte Maximilian mit schwäbischen
Truppen nach Wien, dessen Bürger die ungarische Besatzung verjagten,
so daß der alte Kaiser seinen Einzug in Wien halten konnte, das nebst
ganz Österreich froh war, wieder an den habsburgischen Stamm zu kommen.
Die Thronfolge in Ungarn konnte Friedrich indes nicht erlangen, so
tapfer auch Maximilian gegen den Polenkönig Wladislav darum
kämpfte; doch erlangte er in dem Friedensvergleich von Presburg 1491
die Verzichtleistung Wladislavs auf die ungarischen Eroberungen in Öster¬
reich und für den Fall, daß letzterer ohne männliche Erben sterben würde,
die Anwartschaft auf Ungarns Krone.
So war die Ruhe im Osten hergestellt, aber noch am Ende desselben