254 Kap. 30. § 172. Kaiser Friedrich III. (Krieg mit Frankreich. Türkengefahr.)
Jahres geriet Maximilian mit dem König Karl VIII von Frankreich,
dem Verlobten seiner Tochter Margaretha, in Krieg.
Es war nämlich der letzte Herzog von Bretagne (Franz II) gestorben
und hatte eine Tochter Anna als Erbin hinterlassen. Unter den vielen,
die sich um ihre Hand bewarben, war auch König Maximilian, der von
ihr den Vorzug erhielt, ja, sie wurde ihm durch Prokuration angetraut.
Dagegen that Karl VIII Einspruch, weil der verstorbene Herzog versprochen
hatte, seine Tochter nicht ohne des Königs Einwilligung vermählen zu
wollen, im Grunde aber, weil die Vereinigung von Bretagne mit Bur¬
gund und dadurch mit Deutschland dem französischen Reiche die größte
Gefahr zu bringen drohte. Obgleich nun König Karl schon in seiner
Jugend mit Margaretha, Maximilians Tochter, verlobt worden war, und
diese schon den Titel „Königin von Frankreich" führte, bot er doch der
Herzogin Anna seine Hand, erhielt aber von ihr eine abschlägige Antwort.
Als er aber mit seinem Heere in die Bretagne einfiel und es ihm gelang,
Annas Räte zu bestechen, so willigte die junge, kaum der Kindheit ent¬
wachsene Fürstin in die neue Verbindung, und König Karl schickte Mar¬
garetha ihrem Vater zurück. Im höchsten Unwillen über diese ihm vom
französischen Könige angethane Beleidigung schloß Maximilian mit dem
König Heinrich VII von England ein Bündnis und wurde bei seinem
Angriff auf Frankreich von dem schwäbischen Bund unterstützt. Allein
da ihm die niederländischen Stände ihren Beistand verweigerten, und sein
englischer Bundesgenosse, von Frankreich erkauft, zurücktrat, so konnte
Maximilian im Frieden zu Senlis 1493 nur die Niederlande mit der
Freigrafschaft Burgund samt Artois und Charolais behaupten, während
Frankreich das Herzogtum Burgund (die Bourgogne) behielt.
Zwar erlebte Friedrich III noch den Schmerz, die Türken unter grau¬
samen Verheerungen bis Laibach in Kärnten vordringen zu sehen; da
ihnen aber dort Maximilian eine Niederlage beibrachte, so konnte der
alte Kaiser doch mit der Beruhigung, seine Erblande gerettet und sein
Haus durch die Erwerbung der burgundischen Lande vergrößert zu wissen,
seinem Sohne die volle Leitung der Reichsgeschäfte überlassen und sich nach
Linz in die Stille zurückziehen, wo er unter Andachtsübungen und alchy¬
mistischen Beschäftigungen die letzten Tage zubrachte und am 19. August
1493 im 78. Lebensjahre starb.
Seinen Tod zog er sich auf folgende Weise zu: er hatte die üble Gewohnheit, daß
er mit seinem rechten Fuß die Thüren hinter sich zuwarf; dabei verletzte er sich einmal
so, daß er ein Fußgeschwür bekam, in Folge dessen ihm das Bein abgenommen werden
mußte. Schon in der Genesung begriffen, zog er sich durch unvorsichtigen Genuß von
Melonen eine Ruhr zu, an der er starb.
173. Müde des langen schwachen Regiments, faßte Deutschland die
Hoffnung, durch sein neues Oberhaupt wieder aus dem schwankenden Zu¬
stand zu einer festen Ordnung und Gesetzlichkeit zu gelangen. Die Auf¬
gabe war um so schwieriger, als das deutsche Reich, wie es sich in jener
Zeit darstellte, in seinen Gliedern eben so viele Gegensätze enthielt, welche
die ihnen zum Grunde liegende Einheit nur schwer erkennen ließen: das
Reichsoberhaupt hatte eine nur schwache Autorität und geringe Mittel,
weil die meisten Regalien verloren gegangen und ihre Erträgnisse in die Kassen
der. Landesfürsten übergeleitet waren; der Reichskörper, ohnehin mannigfach