256 Kap. 30. § 173. Maximilian I. (Ewiger Landfrieden. Reichskammergericht.)
hatten. Auch kehrte Einigkeit und Friede in das Land zurück und Handel
und Gewerbe blühten dort auf.
Bei dieser Gelegenheit befestigte Max die früher angeknüpften Verbin¬
dungen mit Spanien und eröffnete sich durch die Vermählung Philipps
mit Johanna von Castilien (der Tochter Ferdinands und Jsabellas
von Spanien) sowie durch die Vermählung seiner Tochter Margaretha
mit dem spanischen Thronerben Johann von Castilien die Aussicht auf
Habsburgs Machtvermehrung.
Hierauf hielt Max seinen ersten Reichstag und zwar zu Worms,
auf welchem er eine Reichshilfe an Geld und Mannschaft auf 12 Jahre
zu einem Römerzug und zu einem Türkenkriege von den Ständen
verlangte. Die Fürsten zeigten sich geneigt; allein die Städte wollten
sich nicht eher zur Hilfe verstehen, als bis er die zum Handel und Ge¬
werbe so nötige Sicherheit und Ordnung in Deutschland mit Errichtung
eines vom Kaiser unabhängigen Gerichts hergestellt habe. Dazu wollte
sich Maximilian nicht verstehen, weil er darin eine Schwächung des
Königtums sah. Als jedoch selbst die Fürsten, die einem allgemeinen
Landfrieden geneigter geworden waren, in ihn drangen, und der Herzog
von Mailand, ja selbst der Papst um Beschleunigung des italienischen
Zuges bat, weil die Franzosen, als nunmehrige Herren von Neapel, auch
Mailand und den Kirchenstaat bedrohten, so bewilligte Maximilian am
7. August 1495 die Stiftung des ewigen Landfriedens, durch welchen
alles Faustrecht für immer allgemein und unbedingt aufgehoben werden sollte.
Zur Aufrechthaltung dieses allgemeinen Landfriedens wurde das Keichs-
kammergericht errichtet, vor welches von nun an alle Streitigkeiten der
unmittelbaren Reichsglieder unter einander zur Entscheidung auf dem Rechts¬
wege gebracht werden sollten; für die mittelbaren Stünde galt es als
Appellationsgericht.
Das Reichskammergericht sollte unter einem vom Kaiser ernannten Vorsitzer
aus den höheren Ständen und aus 16 Räten bestehen, deren Wahl in dem Willen
der Fürsten und Stände liegen sollte, so daß es im Grunde mehr ein ständisches
Institut war. Auch sollte es nicht dem jeweiligen Sitze des Kaisers folgen, sondern
sein Sitz bleibend sein. (Dieser Sitz war zuerst Frankfurt; in der Folge wurde
er nach Speier (1530) und von da (1693) nach Wetzlar verlegt.) Zu den Befug¬
nissen dieses Gerichts gehörte auch das Recht, „ohne eigene Mitwirkung des Kaisers"
auf Anrufen der Parteien die Acht im Namen des Kaisers zu verhängen; die Voll¬
ziehung dieser Acht wurde aber den Reichstagen überlassen. Teils um die Kosten
der Richterbesoldungen zu bestreiten, teils um Kriege gegen auswärtige Feinde
führen zu können, wurde zugleich der „gemeine Pfennig" d. H. eine allgemeine
Reichssteuer „ohne Unterschied der Territorien" festgesetzt, und die Verwendung der¬
selben unter die Aufsicht der jährlichen Reichstage gestellt.
In diesem ewigen Landfrieden, wie viel auch noch zu seiner Durch¬
führung fehlte, und wie oft nachher einerseits die Reichsstände die Kaiser¬
macht zu beschränken suchten, andrerseits die Kaisermacht ihr dynastisches
Interesse dem Reiche voranstellen wollte, war jedenfalls die „Idee des
Reiches" und die „Einheit Deutschlands" festgehalten. Die Ausführung
dieses neuen, von den Ständen begründeten wohlthätigen Reichsgrundgesetzes
verdankte man hauptsächlich dem vaterländisch gesinnten Kurfürsten B erthold
von Mainz.
Selbst Maximilian arbeitete, nachdem er sich von der Notwendigkeit überzeugt
hatte, persönlich an dem Entwürfe mehrere Tage hindurch vom Morgen bis zum Abend,