Full text: Die deutsche Geschichte in ihren wesentlichen Grundzügen und in einem übersichtlichen Zusammenhang

28 Kap. 7. § 37—38. Schlacht im teutoburger Wald. Germaniens. 
ihrer besten Legionen kostete, sondern auch die fernere Behauptung einer 
römischen Statthalterschaft in Deutschland unmöglich machte. 
Unmittelbar nach der Schlacht befriedigten die Deutschen an den Gefangenen ihren 
Zorn dadurch, daß sie viele der römischen Hauptleute an den Altären ihrer Götter 
schlachteten, die Sachwalter aus Rache unter grausamen Martern töteten, alle andern 
aber zu Leibeigenen machten, und mancher ehemalige Ritter oder Senator mußte als 
Hausknecht oder Viehhiiter eines deutschen Bauern sein übriges Leben vertrauern. Den 
abgehauenen Kopf des Varus aber schickte Armin mit der Siegesnachricht an Mar- 
bod zum stillen Vorwurf über die teilnahmlose Untätigkeit, mit der er dem gemein¬ 
samen Kampfe für die Freiheit des Vaterlandes zugesehen hatte. Hierauf vollendeten 
sie durch Zerstörung aller in Deutschland befindlichen Festungen die Befreiung des 
Vaterlandes von den Denkmalen römischer Knechtschaft. , 
In Rom aber war die größte Bestürzung: man sah im Geiste schon das 
linke Rheinufer, selbst Belgien und Gallien verloren, und Kaiser Augustus, 
der bei dieser Nachricht vor Schmerz sein Gewand zerriß und ausrief: 
„Varus, Varus, gieb mir meine Legionen wieder!" tat den Göttern Ge¬ 
lübde für die Rettung des Reichs und entfernte aus Vorsicht alle im 
römischen Solde stehenden Deutscheu aus Italien auf die Inseln. Aber die 
Deutschen dachten an keine Eroberungen, sondern kehrten ruhig wieder an 
ihren Herd zurück. 
38. Im fünften Jahre nach der teutoburger Schlacht starb Kaiser 
Augustus, uud Tiberius folgte ihm auf dem Throne. Da machten die 
römischen Legionen am linken Niederrhein einen Versuch, den Neffen des 
gefürchteten Tiberius, den beim Heere allgemein geliebten Sohn des Drusus, 
Germaniens, der den Oberbefehl am Rhein hatte, zum Kaiser zu machen. 
Der pflichtgetreue junge Feldherr konnte die Ungestümen nur dadurch von 
ihrem Vorhaben abbringen, daß er das Schwert zog und sich zu entleiben 
drohte, wenn sie nicht von ihrem Willen abständen. Um die unruhigen 
Legionen zu beschäftigen, beschloß er sie über den Rhein gegen die Deutschen 
zu führen, welche gerade uneinig waren, indem die Anhänger Armin's 
und die Anhänger Segest's stets einander befeindeten. So machte Ger- 
14-17 manictts ebenfalls mehrere Eroberungszüge in Deutschland, durch welche 
n. Chr. er, wie sein Vater, sich gleichen Ruhm erwarb, aber auch Armin und 
seinen Bundesgenossen gleiche Gelegenheit gab, die deutsche Freiheit zu be¬ 
haupten. 
Im ersten Feldzng überfiel er von Vetera aus die Marser und 
machte sie nieder, als sie eben nach einem Volksfeste sich dem Schlaf über¬ 
lassen hatten. Auf dem Rückzug wurde er von den benachbarten Bructerern 
und einigen anderen Völkerschaften in einem Engpaß überfallen, doch schlug 
er ihren Angriff zurück, nachdem er ein großes Blutbad unter ihnen ange¬ 
richtet hatte. 
Im zweiten Feldzug verwüstete er das Land der Katten, verbrannte 
deren Hauptstadt Mattium und zog dann in's Cheruskische, wohin ihn 
Segest zu Hilfe rief. Denn dieser, der unterdessen seine Tochter Thus¬ 
nelda Armin entrissen hatte, war eben in seiner Burg von seinem Eidam 
belagert. Germaniens entsetzte den Belagerten, der sich mit seiner Tochter 
und vielen seiner Verwanden und Anhänger den Römern ergab und nach 
Vetera gebracht wurde, um dort unter römischer Aufsicht zu leben. Hier 
gebar Armin's Gattin ihren Sohn Thnmelicns, der später zu Ravenna 
in Italien erzogen wurde. Doch ist weder von seinem Schicksale noch
	        
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