Full text: Die deutsche Geschichte in ihren wesentlichen Grundzügen und in einem übersichtlichen Zusammenhang

398 Kap. 39. § 246. Ackerbau, Industrie und Handel. 
nischen Kriege auch einen verderblichen Einfluß auf den italienisch-deutschen 
Handel gehabt. 
Übrigens suchte der deutsche Unternehmungsgeist sogleich auch die neu auf¬ 
gefundenen Handelswege zu benutzen. Schon acht Jahre nach Vasco de 
Gamas Entdeckung des ostindischen Seewegs, welcher Portugals Handel 
so hoch hob, machten zwei deutsche Handelshäuser, die Iugger und Welser 
aus Augsburg, 1503 die niederländische Stadt Antwerpen, wohin sie 
aus Handelsinteressen ihren Sitz verlegt hatten, zu einer Nebenbuhlerin 
von Lissabon, wie denn bald die Seemacht der Niederlande als die erste 
galt. Die Fugger rüsteten 1506 mit nürnbergischen, genuesischen und 
florentinischen Kaufleuten drei Schiffe nach Calicut aus und machten damit 
175 pCt. Gewinn, und Anton Fugger befuhr mit Flotten seiner Schiffe 
alle Meere. Die Welser legten in Venezuela mit Genehmigung 
Karls V eine deutsche Colonie an, welche dem deutschen Vaterlande 
Freiheit des überseeischen Handels versprach. Da brach der Aufstand der 
spanischen Niederlande aus, und Antwerpens Flor ging auf Holland 
(Amsterdam) über. 
Auf die hanseatischen Städte des Binnenlandes übte außer der 
veränderten Richtung, welche der Welthandel genommen, noch besonders die 
wachsende Fürstenmacht nachteiligen Einfluß. Zu der Zeit nämlich, als in 
Dänemark nach dem Tode König Friedrichs I (1539) ein Interregnum 
eintrat, in welchem der in sich uneinige dänische Reichsrat bis zur Wahl 
eines Königs die Regierung an sich nahm, während Christian, der 
älteste Sohn Friedrichs, in den Herzogtümern Schleswig und Holstein 
anerkannt wurde, wollte Lübeck, das Haupt der Hansa, diesen zer¬ 
rissenen Zustand Dänemarks zur Vergrößerung seiner Macht benutzen. Unter 
dem Vorwand, den gefangenen König Christian II (Vorgänger Fried¬ 
richs I). wieder auf den dänischen Thron setzen zu wollen, veranlaßte der 
Bürgermeister von Lübeck, Jürgen Wullenmeber, den Grafen von Ol¬ 
denburg, in Holstein einzufallen; er selbst landete sodann mit seinem 
Freunde Marx Meyer und dem Grafen von Oldenburg auf See¬ 
land, unweit Kopenhagen. Zwar schloß der Herzog Christian die 
Stadt Lübeck von der Landseite ein; dies hinderte aber die Hanseaten 
nicht, Kopenhagen zu belagern, bis es die Tore öffnete und die im 
Hafen befindliche dänische Flotte auslieferte, worauf Seeland und Schonen 
in die Gewalt der Lübecker fiel. Eiligst wählten nun die Dänen den Her¬ 
zog Christian, der noch Lübeck belagerte, zu ihrem König (als Chri¬ 
stian III), der sodann mit Hilfe der Schweden die Lübecker aus Fünen 
und Schonen vertrieb und darauf Kopenhagen wieder gewann. Lübeck 
aber begann seit diesem angestrengten Kampfe seines vorwaltend demokrati¬ 
schen Geistes mit den skandinavischen Fürstenmächten, noch mehr aber nach 
dem unglücklichen Ausgang des schmalkaldischen Krieges mehr und mehr zu 
finken, und insbesondere ertrotzte Schweden die Herrschaft des balti¬ 
schen Meeres. Hamburgs Handel ging an London, Bremens Handel 
an Holland, der der großen Handelsplätze im Nordosten Deutschlands an 
Rußland über. 
Gleichgiltig ließen es die Deutschen zu, als Dänemark den Sund, 
Schweden die Ostsee, Holland die Schelde und den Rhein sperrten
	        
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