56 Kap. 12. § 59—60. Alboin. Das Langobardenreich. (Alboin bis Autharis.)
sich Italiens zu bemächtigen, nach welchem Lande sie schon seit ih>-er Teil¬
nahme am Gotenkriege lüsterne Blicke geworfen hatten. So erhob^sich
der letzte Sturm der Völkerwanderung, dessen Ausgang aber Narses nickt
erlebte: er starb neunzig Jahre alt.
Die zum Sachsenbund gehörigen Langobarden hatten während der Völkerwande¬
rung ihre Sitze atn Imsen Elbufer (im heutigen nördlichen Hannover) verlassen und
waren nach Pannonien (Mähren) gezogen, wo sie das manische Christentum anae-
nornmen hatten. Unter ihrem König Alboin, Audoin's Sohn, warfen sie sich aus die
Gepiden,. welche im östlichen Ungarn wohnten, und vernichteten sie vollständig (556).
plV\t!.nUnb er^Iu9 ^I6oin selbst in der Schlacht und ließ sich den
Schädel desselben zum Trinkgefäß machen. Hierauf überließen die Lango¬
barden rhre bisherigen Sitze m Pannonien den Avaren (§ 79), welche ihnen geholfen
hatten, und folgten der Einladung des Narses.
Weit und breit gerühmt und gefürchtet wegen der Besiegung der Ge-
^tbeil Jn? begünstigt durch die inneren Notstände des byzantinischen Reichs
öbS zog Alboin über die jütischen Alpen mit dem ganzen Volke der Lango¬
barden, an die sich auch slavische und sächsische Haufen anschlössen, und
ruckte in Oberitalien ein, wo er Brescia, Mantua, Verona und andere
Otäbtc oljrte 9)2üs)e, DJJüilctnb burti) ©turnt, ^3 c tii q rtctcfj brcijä^rigct 58c-
lagerung durch Hunger einnahm und das langobardische Reich in Ober-
Italien gründete, das sich unter seinem Nachfolger auch über Unteritalien
erstreckte. Mittelitalien aber mit dem Exarchat Ravenna (das Bologna,
die Romagna, Urbino, die A!ark Ancona und das Herzogtum Rom um¬
faßte) blieb in der Gewalt des byzantinischen Hofs. “
60. Nachdem Alboin das von ihm eroberte Oberitalien, welches fort¬
an den Namen Lombardei erhielt, in kleine Herzogtümer (Ducate) ge¬
teilt und sie den Tapfersten seines Gefolges zu Lehen gegeben hatte, wollte
er ferne Eroberungen weiter ausdehnen. Aber auf Anstiften feiner Ge¬
mahlin Ros im und, der Tochter des von ihm erschlagenen Gepidenkönigs
Kuuimund, die er dadurch, daß er sie bei einem (Siegesmahle zu Verona
aus dem Schädel ihres Vaters zu trinken zwang, zur Blutrache gereizt
573 hatte, wurde König Alboin ermordet. 3
Sie wollte zwar mit dem Genossen ihrer Tat, dem Schildträger Helm ich is,
dem sie deshalb ihre Hand versprochen hatte, die Herrschaft behaupten; die Lombarden
ertrugen sie aber nicht, und beide flohen nach Ravenna, wohin sie Alboin's Schatz mit¬
nahmen. Begierig nach demselben trug sich der Exarch Longinus Rosimund zum
Gatten an. -Voll Ehrgeiz, wieder zu einer Herrschaft zu gelangen, reichte sie Helmichis
Sa x • * eVation den Tod spürte, zwang er sie mit gezücktem Schwerte, den
Jtejt zu Innren, so daß beide ihren verdienten Sündenlohn empfingen.
Da auch Alboin’s Nachfolger, Kleph, der Gründer des Herzogtums
Benevent, ermordet wurde, lebten die Langobarden zehn Jahrelang ohne
König, blos unter Herzogen, deren es dreißig gab. Als aber in Folge
dessen große Unordnungen einriffen unb die Ostfranken das Reich bedroh¬
ten,^ stellten diese Herzoge selbst die Einheit dadurch wieder her, daß sie
im Jahre 584 Autharis, Kleph's Sohn, zu ihrem Könige wählten. Dieser
nahm die Tochter Gariba 1 d's I, des Herzogs der zwischen der Donau
und den Alpen wohnenden Bajuvaren oder Baiern, Namens Theode-
linde, zur Gemahlin. Er wies nicht nur die Einsälle der Franken mit
Erfolg zurück, sondern bedrängte auch den griechischen Exarchen, dessen Ge¬
biet damals, als „letztes Asyl der Römer", den Namen Romagna erhielt.
Die Baiern sind echt germanischen Stammes, Nachkommen der ehemals in dem