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wartungsvoll beobachteten beide Heere den Streit. Fiel einer der
Kämpfenoen, so eilten die Freunde herzu, den Leichnam zu retten; der
Sieger aber wurde von seinen Genossen unterstützt. So wurde der
Zweikampf zur Schlacht; ihr folgten einige Tage der Ruhe: es galt,
die Gefallenen ruhmvoll zu bestatten.
4. Vielfach wechselte das Kriegsglück. In arge Bedrängnis aber
gerieten die Griechen, als Achilles, mit Agamemnon entzweit, sich
grollend vom Streite zurückzog; niemand vermochte nunmehr, dem
gewaltigen Hektor zu widerstehen. Kühn drang derselbe bis in das
Lager der Feinde, warf den Brand in die griechischen Schiffe und
tötete sogar Patroklus, den Freund des Achilles. Da wurde
der letztere von namenlosem Schmerz ergriffen; laut weiuend warf er
sich neben die Leiche, rauste sich das Haar und bestreute sein Haupt
mit Staub. Endlich ermannte er sich; fürchterliche Rache schwur er dem
Mörder. Wie ein gereizter Löwe stürzte er in den Kampf; groß war
die Zahl der Trojaner, die sein Schwert würgte; aber unbefriedigt
stürmte er weiter, er suchte den Hektor. Endlich stießen die Gegner
auf einander. Der Anblick des Fürchterlichen erfüllte Hektor mit
Schrecken; dreimal floh er, von Achi lles verfolgt, um die Mauer der
Stadt; dann erst, vom Laufe erschöpft, stellte er sich zum Kampfe.
Vergebens schleuderte er die Lanze mir mächtigem Wurfe: kraftlos prallte
sie an dem undurchdringlichen Schilde des Achilles ab; vergebens griff
er zum Schwert: noch ehe er es zu schwingen vermochte, drang ihm
des Gegners Speer in die Kehle. Vergebens flehte er, zum Tode
verwundet: „Wirf meinen Leib nicht den Hunden vor, sondern
sende ihn für schweres Lösegeld nach Troja!" Voll wilder Freude
band Achilles den Toten an seinen Streitwagen und
schleifte ihn über das Schlachtfeld in das Lager der Griechen.
5. In lautes Wehgeschrei brachen die Trojaner aus, als sie ihren
stärksten Helden fallen sahen; vor allem aber füllte Jammer das Haus
des Pr i amu s. Schrecklich erschien es dem Vater, daß der treffliche
Sohn unbeerdigt liegen sollte, den Tieren zum Fraß. Mit hohem
Lösegeld versehen, begab er sich darum des Nachts in das Zelt
des Achilles und erbat sich den Leichnam des Hektor.
Finster brütend saß jener; vergeblich küßte der alte Priamus die Hand,
die ihm so viele Söhne erschlagen; kein Mitleid regte sich in dem
Herzen des Helden. Erst als der Flehende ihn an den eigenen Vater
erinnerte, der in der Heimat die Rückkehr des Sohnes erhoffe, wurde
er erweicht. Freundlich hob er nun den Greis auf und übergab ihm
den erbetenen Leichnam. Mit der teueren Bürde eilte der König nach
Troja zurück; hier wurde der gefallene Held mit gebührender Ehre
bestattet.
Aber auch Achilles kehrte nicht zum Vater zurück. Von dem
Pfeile des Paris in der Ferse tödlich verwundet, fand
auch er in der Fremde sein Grab.
6. Durch List nur wurde endlich Troja nach 10jähriger
Belagerung bezwungen. Auf des schlauen Odysseus Rat bauten