IV
©rosen zum Zeitgenossen Luthers erhebt. Es wird ohne Zweifel festzuhalten
fein: das erste, was der Volksschule not thut, sind geschichtliche Thatsachen;
Schilderungen von Zuständen und Culturverhältnissen finden erst sekundäres
Interesse — und: Namen und Zahlen (— freilich nur die wichtigsten )
stud das anerläßliche Gerippe, an das sich die geschichtlichen Thatsachen als
Fletjch und Blut anlegen. Wenn Jäger („Bemerkungen über den geschicht¬
lichen Unterricht") jagt, daß die Zwecke und Zielpunkte, die den Geschichts¬
unterricht auf den Gymnasien bestimmen, zu allererst Mitteilung und Ein¬
prägung eines gewissen Quantums an historischem Wissen seien und sodann
die Entwickelung der Fähigkeit, mit diesem Wissen zu operieren, daß aber für
die unteren Clanen der erste Gesichtspunkt überwiege, so wird man diese
Worte erst recht aus den Geschichtsunterricht in der Volksschule anwenden
und behaupten dürfen, daß die politische Geschichte auch in der Volksschule
der Rahmen sein müsse, in den sich die kulturgeschichtlichen Skizzen und
Schilderungen organisch einzufügen haben. Wie übrigens dieses letztere zu
geschehen habe, ist noch nicht völlig klar. Scholtze („die Culturge¬
schichte im historischen Unterrichte") wird wohl im ganzen und großen
das Rechte getroffen haben, wenn er meint, daß das Zuständüche, mit dem
es die Kulturgeschichte zu thun bat, in ein Geschehendes aufgelöst werden müsse,
um Leben und Gestalt vor den Augen der Schüler zu gewinnen, und daß
die culturgefchichtlichen Bilder in "die fortlaufende Erzählung eingereiht
werden müßten, ohne doch den Faden der Staatsgeschickte jemals ernstlich zu
unterbrechen. Nur wird diese Forderung nicht immer leicht zu realisieren sein.
Diesen Bemerkungen entsprechend, ist in dem vorliegende Hefte das
kulturgeschichtliche Moment zwar nicht ignoriert, aber das Hauptgewicht doch
stets _ auf die eigentliche Geschichtserzählung gelegt worden. — Die äußere
Darstellung des verarbeiteten Stosses anlangend, war Vers. bemüht, bei aller
Kürze doch immer durchsichtig und klar zu bleiben, und wenn eine wohl¬
wollende Kntik die im !. Curjus gebotene Form als „lebendig und gemüt¬
erregend" bezeichnet hat, |o ist vielleicht zu hoffen, daß man auch im vorlie¬
genden Hefte am geeigneten Orte die nötige Wärme nicht vermissen werde.
Übrigens gilt auch hier, was jchon im Vorwort zum 1. Kursus hervorgehoben
wurde, daß die gebotene Einkleidung nur Vorbild für den Anfänger sein soll,
daß aber der Geschichtslehrer in jedem Falle die Aufgabe bat, die dem jewei¬
ligen Standpunkte feiner Classe entsprechende Form selbst zu schaffen.
Es bedarf schließlich wohl keiner besonderen Betonung, daß bei Ab¬
fassung des Heftchens die neuere einschlagende Litteratur, soweit sie dem Vers.
zugänglich war (— es seien nur genannt: Dun es er, Geschichte des Alter¬
tums ; Jäger, Geschichte der Griechen und Geschickte der Römer; Peter,
römische Geschichte; Weber, Lehrbuch der Weltgeschichte; Weinzierl,
Lehrbuch der allg. Geschichte; Müller und Dandlicker, Lehrbuch der allg.
Geschichte; Droysen, Geschichte Alexanders des Großen; Sevin, Ge¬
schichtslesebuch 2c. —) sorgfältig benutzt und verglichen worden ist.
Möge dem Heftchen gleich freundliche Beurteilung wie dem I. Cursus
zuteil werden.
Penig, im März 1881.
Ktto Kunze.