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Die Römer stehen schweigend vor deutschem Weibesmut — der Po treibt
starre Leichen auf Wogen, rot wie Blnt. —
Die Sonne sinkt im Westen und schimmert blutig rot; das Volk, das frei
sie grüßte. dicS freie Volk ist tot.
(T h ü m e.)
II. Etwa 50 Jahre später füllten die Sueven (oder Sue^
ben) mit ihrem Kriegsruhm die Welt. Sueven heißt
„Schweifende" (— sie wechselten mit Leichtigkeit ihre Wohnsitze —);
ihr Name hat sich in „Schwaben" erhalten. Sie bildeten
eine Gesamtheit von Völkerschaften. Von der Ostsee her (— von ihnen
führte sie den Namen „fuebifches Meer" —) hatten sie sich in südwest¬
licher Richtung ausgebreitet; ihre Vorhut waren die Markomannen ( =
Grenzmänner); jetzt drängten sie südlich gegen die Donau, westlich gegen
den Rhein vor; dort drängten sie die keltischen Völker zurück, und hier
nötigten sie die am Oberrhein seßhaften deutschen Stämme, den Strom
zu überschreiten und auf gallischem Boden neue Wohnsitze zu suchen.
Furcht ging vor ihnen her. Die unsterblichen Götter selbst könnten es mit
den Sueven nicht aufnehmen, meinten die Verdrängten zu den Römern.
Unter ihrem Führer Ariovist gingen auch die Sueven
über den Rhein, um in Gallien feste Wohnsitze zu erwerben. Und zu
derselben Zeit führte Cäsar seine Legionen in dasselbe
L an d, um die bisherige römische Provinz Gallien durch Eroberung des
übrigen Teiles dieses Landes zu vergrößern. Es fragte sich, ob Cäsar
oder Ariovist, ob Römer oder Germanen fortan in Gallien
gebieten würden. Cäsar lud Ariovist zu einer Unterredung ein.
Stolz erwiderte der germanische Herrscher: „ Wenn Cäsar etwas von
mir will, so mag er zu mir kommen; übrigens scheint es mir wunderbar
was er oder das römische Volk in dem von mir besiegten Gallien zu suche«
hat." Darauf hin stellte Cäfar bestimmte Forderungen: Ariovist solle
keine weitereu Meuscheumassen über den Rhein nach Gallien sichren; auch
solle er sich hüten, die mit den Römern befreundeten gallischen Völker zu
bekriegen. Ariovist entgegnete, er schreibe den Römern nichts vor, werde
sich aber auch von ihnen nichts vorschreiben lassen; gelüste es übrigens
Cäsar, mit ihm zu streiten, so möge er doch kommen, er werbe erfahren,
was Germanen vermöchten, bie 14 Jahre hinburch unter kein Dach ge¬
kommen seien. Nun bot Cäsar bent Gegner bie Schlacht an; bie Sue¬
ven ließen sich aber auf keinen größern Kampf ein: ihre weisen Fraucn
hatten Unglück prophezeit, wenn sie vor bent Nernnonb in ben Streit
gingen. Cäsar, ber bies von Gefangenen erfahren, ermutigte seine vor
bent gefürchteten Feinbe zitternben Solbaten unb führte sie unmittelbar
vor bas Lager ber Germanen. Jetzt war bie Entscheidung nicht mehr
zu umgehen. Ariovist unterlag; seine Scharen wurden ver¬
nichtet; er selbst entkam aus einem Nachen über den Rhein; seitdem
hat man nichts mehr von ihm vernommen; die Herrschaft der
Sueven in Gallien war gebrochen.
Cäsar unterwarf nun in mehrjährigen Kämpfen die
gallischen Völker bis zum Rhein; auch die Germanen lernten die
römische Treue kennen. Zwei deutsche, von ben Sueven verfolgte Völker