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gezwungen, sich den Hunnen zu unterwerfen. Ein Teil des
Volkes schloß sich den weiterstürmenden Siegern an und wurde im Laufe
der Völkerwanderung immer weiter nach Westen versprengt. Dort werden
wir ihnen wieder begegnen.
Hunnen und Alanen stießen auf die zwischen Don
und Dujepr wohnenden Ostgoten. Der mehr als 100jährige
Ostgotenkönig Hermanrich, durch schwere Wunde und Alter ge¬
schwächt, war nicht im stände, den Angriff zurückzuweisen. Voll Schmerz
darüber riß er den Verband seiner Wunde auf und gab sich selbst den
Tod. SeinVolk mußte sich unterwerfen, und nun drängten
Hunnen, Alanen undOstgoten auf die westlich vomDujepr
wohnenden Westgoten.
2. Auch den Westgoten war Widerstand unmöglich; sie flüchteten
oder unterwarfen sich den Siegern. Die Fliehenden dräng¬
ten sich an der Donau zusammen und baten um Aufnahme in das
Römerreich. Kaiser Valens gewahrte ihnenWohnsitze süd¬
lich von der Donau (— in der damaligen Provinz Mösien, dem
heutigen Bulgarien, zwischen Donau und Balkan —). Eigennützige
Statthalter machten sich die Not des zusammengedrängten, der Lebens¬
rnittel entbehrenden Volkes zu nutze und reizten so die Goten zur
Empörung.
Kaiser Valens eilte ihnen entgegen; 378 kam es bei Adria-
nopel zur Schlacht. Der Kamps war hart, aber am Abend war
das römische Heer vernichtet; was noch lebte, suchte sich zu retten.
Valens, der bis zuletzt tapfer mitgestritten hatte, verlor auf der
Flucht das Leben. Man sagte, er habe sich in ein Haus geflüchtet,
ein nachstürmender Gotenhanfe habe dasselbe angezündet, und in den
Flammen sei der Kaiser umgekommen.
Sein Nachfolger Theodosius der Große ließ sich absichtlich
in keine große Schlacht mit den Goten ein; er ermüdete sie durch vor¬
sichtige und geschickte Kriegführung und brachte endlich durch kluge
Unterhandlung einen Vertrag zu stände: Die Goten er¬
hielten neue Wohnsitze in Thracien ( ™ südlich vom Balkan bis
zum Meere) und übernahmen die Verpflichtung, gegen ein be¬
stimmtes Iahrgeld den Römern ein Hilfsheer von 40000 Mann
zu stellen.
3. Derselbe Theodostus teilte 395 durch testamentarische Bestim¬
mung das bis dahin einheitliche römische Reich unter seine bei¬
den Söhne Arkadius und Honorius. Arkadius erhielt
das Morgenland oder das oströmische Reich mit der Hauptstadt
-Konstantinopel (— die Länder östlich vom adriatischen Meer in Europa,
dazu die asiatischen Provinzen und Ägypten —), Honorius das
Abendland oder das weströmische Reich mit der Hauptstadt Rom
( die Länder westlich vom adriatischen Meere: Italien, Gallien,
Spanien, Britannien, Nordasrika —). Jllyrien war beiden Reichen ge¬
meinsam.