fullscreen: Lehrbuch der Weltgeschichte oder umständlichere Erzählung der merkwürdigen Begebenheiten aus der allgemeinen Weltgeschichte

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wohl zuerst ins Auge; und es ist eine herrschende Erzählung im Alter¬ 
thum, daß die Früchte des Feigenbaums den erstgeschaffenen Menschen 
eines der ersten NahrungsmitteÜgewesen seyen. Gewiß aber ward auch 
bald von den ersten Menschengeschlechtern die nach allen ihren Bestand- 
theilen nutzbare Kokospalme beachtet. Sie hat einen prachtvollen 
schlanken Wuchs, süns Ellen lange Blätter, und trägt Früchte, Kokos¬ 
nüsse genannt, die eiförmig und groß wie ein Kinderkopf, gewöhnlich 
an zehn Pfund wiegen. Jede Nuß enthält von der sogenannten Ko¬ 
kosmilch so viel, daß zwei Personen ihren Durst damit löschen können. 
Das Mark und die weichen Holzfasern des Gipfels werden als Palm¬ 
kohl gegessen; aus der Blumenkolbe wird Palmwein (und daraus 
Zucker, Arrak, Essig) gewonnen; aus der Milch und dem Kern Palmöl 
(auch als Arznei und zu Seife benutzt) bereitet. Aus den großen und 
langen Blättern macht man Körbe, Fächer, Hüte, Matten; aus den 
Nußschalen Gefäße, Trinkgeschirre, Löffel; aus den Fasern elastische 
Taue u. s. w. Der Weinftock wächst einzig wild in Mittelasien. Die 
Aprikosen, Aepfel, Birnen, Pflaumen stammen von dort. — Auch die 
verschiedenen Kornarten, die jetzt unsere tägliche Nahrung sind, findet 
man in diesen Gegenden zum Theil wie bei uns das gemeine Gras. 
Alte Naturkundige erzählen, daß in den Bergländern hinter dem kas- 
pischen Meere die Gerste wild wachse; ein neuerer fand in Baschkirien 
(im russischen Gouvernement Orenburg) das Korn wild wachsen. Ge¬ 
wiß wächst es in den Gebirgen von Kaschmir, in Tibet, im Norden 
von Ehina viele Jahre lang ohne Saat und Anbau. — Eben so finden 
wir fast alle zahme Hausthiere, die sich leicht an den Menschen ge¬ 
wöhnen und als die Gefährten des häuslichen Lebens von den Men¬ 
schen bei ihren Auswanderungen mitgenommen wurden, wild in den 
Ländern ostwärts vom Euphrat und vom kaspischen Meere. — Dazu 
kennt man in diesen Gegenden unsern Winter nicht: die Felder sind 
immer grün, jedes Jahr umfaßt zwei Aerndten, und in unaufhörlichen: 
Fortgange reift eine Frucht nach der andern; ja die Kokospalme hat 
Blüthen und Früchte zu gleicher Zeit. So konnten die ersten Menschen, 
wie jetzt noch ganze Völker in diesen glücklichen Erdstrichen, ohne Ar¬ 
beit von dem freiwilligen Ertrage des Bodens leben; und so lange 
ihre Anzahl noch klein, war kein Mangel für sie zu fürchten. 
Das erste Menschenpaar wurde nackt geschaffen; und in einer 
warmen Luft sehnte es sich auch wohl für den Anfang nicht nach 
Kleidern. Da indeß der Mensch nicht, wie die Thiere, von der Natur 
mit einer schirmenden Bedeckung begabt ist, so mußten ihm doch Stürme 
und Regengüsse, die besonders in den Wintermonaten jener Gegenden 
gewöhnlich sind, bald empfindlich werden, daß er wohl auf Bekleidung 
zu denken anfing. — Auch ist die Schaamhastigkeit als eine der 
schönsten Empfindungen in unsere Natur gepflanzt, die als sanft warnende 
Hüterin uns vor Sünde und Unrecht bewahrt, und zugleich zu dem¬ 
jenigen hinführt, was anständig und schön ist. Daher erzählt uns die 
Bibel, daß die ersten Menschen einen Schurz von Feigenblättern ge¬ 
tragen hätten, die in jenen südlicheren Gegenden noch etwas größer 
wachsen als bei uns: denn sonst scheinen die breiten langen Palm¬ 
blätter zu diesem Zwecke passender. War nur der erste Anfang mit 
der Bedeckung eines Theiles des Körpers gemacht; so ging man bald
	        
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