3m Lande der phääken.
23
mit den Schafen die höhle verlasse. Doch wieder wandten die Fremdlinge eine List an.
flm Bauche der stärksten Widder hielten sie sich in der wolle fest und ließen sich hinaus¬
tragen. als sie entronnen waren und wieder auf ihren Schiffen saßen, rief Odysseus dem
Zyklopen zu: „Die Strafe der Götter hast du erfahren. Nun wisse auch, wen du be¬
herbergt hast! Ich bin Ddysseus!" Polyphem warf den Fliehenden noch einen Felsblock
nach, der ihr Fahrzeug beinahe getroffen hätte; doch sie entkamen.
Seitdem aber zürnte der IHeergott dem Ddysseus, weil er den Sohn Poseidons so
schlimm behandelt hatte, und verfolgte ihn durch endlose Gefahren.
In den Wäldern einer rauhen Insel hielt ihn die Nymphe Kalypso ge¬
fangen; sie begehrte ihn zum (Bemahl. Doch Pallas Athene verschaffte ihm die
Freiheit. Ittit Freuden steuerte er der Heimatinsel zu. Schon sah er Ithafa einem
gewölbten Schilde gleich aus den Fluten emporsteigen. Doch der grollende Poseidon
wühlte mit seinem Dreizack das Meer auf und ließ noch einmal den Helden Schiff¬
bruch leiden.
3ttt Lande der phääken. (Er wurde endlich von den Wellen an den Strand
einer Insel geworfen. Bus einer tiefen Ohnmacht erwacht, irrte der Schiffbrüchige
ohne Speise und Trank am Ufer dahin. Unter der Laubkrone zweier Oliven fand
er ein Obdach, und aus dürren Blättern bereitete er sich ein Lager, wo war er?
wohnten auch hier menschen? plötzlich vernahm er Mädchenstimmen, und nahe
vor sich erblickte er eine vornehme Jungfrau mit ihren Gespielinnen. HIs die
Mädchen den Fremdling schauten, der vom Meeresschlamm bedeckt und entstellt
war, hielten sie ihn für ein Seeungeheuer und flohen kreischend auseinander. Nur
die vornehmste unter ihnen blieb stehen; ihr rief er aus der Ferne zu: „wer du
auch seist, eine Göttin oder die Tochter eines Menschen, rette mich armen Schiff¬
brüchigen! Sage mir, wo bin ich? Lasse mir Kleidung darreichen und zeige mir
die Stadt, wo du wohnst!" — Die Jungfrau erwiderte: „Fremdling, du scheinst mir
kein geringer und törichter Mann zu sein, und nicht umsonst sollst du bitten. Du
bist im Lande der phäaken; der König der Insel heißt Hlktnoos, und ich bin
seine Tochter Nausikaa." — Sie rief ihre Dienerinnen herbei, die dem Fremdling
Mantel und Leibrock zuwarfen. HIs Odysseus im Gebüsch die kostbare Kleidung
anlegte, verlieh ihm Pallas Athene zugleich wunderbare Schönheit und Hnmut.
Staunend betrachteten die Jungfrauen den fremden Mann, der aus dem Schatten
der Oliven hervortrat. Vorher hatte er sie durch fein Aussehen erschreckt; nun glich
er einem der Seligen.
Bald stand er in dem herrlichen Garten des Königs, bald auch in dem
prächtigen Schlosse. Don Hlkinoos wurde der Fremdling wie ein Freund auf«
genommen. Beim Gastmahl pries ein Sänger die Taten der Griechenhelden vor
Troja, besonders auch die des Odysseus. Niemand ahnte, daß der Fremdling
seinen eigenen Ruhm vernahm. Dem aber wollte das herz zerspringen; oft ver¬
hüllte er sein Haupt mit dem Gewände, um sich nicht zu verraten. — Dem Gaste zu
Ehren maßen sich dann Jünglinge der phäaken im edlen Wettkampfe. (Ein Sohn
des Königs blieb Sieger und forderte zuletzt auch Odysseus zum Kampf heraus.
Dieser sprach: „Ich habe nur ein verlangen, nämlich heimzukehren. Aber du hast