Geschichte öer neiiesten Zeit.
12. pit erste franMsche Kevolutio».
a. Ursachen der Revolution. Gegen Ende des vorigen
Jahrhunderts vollzog sich in Frankreich eine tiefgehende Umwäl¬
zung der staatlichen Verhältnisse, eine gewaltige Veränderung aller
bestehenden Ordnungen, welche Tausenden von Menschen das Leben
gekostet hat und auch für das übrige Europa schwere Folgen nach
sich zog: die erste französische Revolution. Schon lange, schon
seit Ludwig XIV. das schwere Wort gesagt hatte: „L’etat c’est
moi!“*) und besonders seit den Zeiten seines Regieruugsuachsolgers,
des schwachen und entsittlichten Ludwig XV., hatte sich die Re¬
volution vorbereitet, und gar manche Vorboten ließen ernste Er¬
eignisse befürchten. Dem französischen Volke war zur Zeit Lud-
wig's XIV. das Gefühl für Recht und Gerechtigkeit abhanden ge¬
kommen; unter der Regierung Ludwig's XV. verlor es auch das¬
jenige für Sittlichkeit und Frömmigkeit. Zu feiner Zeit traten zwei
französische Schriftsteller auf, Voltaire**) und Rousseau***),
griffen in ihren Schriften die christlichen Religionslehren an, ver¬
höhnten und verspotteten sie. lind das Volk las ihre Schriften
gerne wegen ihrer glänzenden geschmackvollen Form, und in dieser
Verhüllung drang das Gift des Unglaubens sehr rasch in alle
Volksschichten ein. Man hielt es bald, besonders in den höheren
Ständen, für eine Thorheit, an Gott und fein Wort zu glauben.
Damit sauf aber auch die Achtung vor den göttlichen Einrichtungen
auf Erden, vor Staat, Kirche und Familie. Wohl gab es in
denselben manches zu tadeln: der König ließ sich durch seine Mi¬
nister und Weiber leiten und vergaß in trauriger Verkennung
seines hohen Berufes seine Pflichten; die Kirche gestattete Stan-
desuuterschiede da, wo alle Menschen gleich sind, vor Gott; den
gräflichen Domherren in Lyon war es z. B. gestattet, bei der Messe
„zum Unterschiede vom gemeinen Volke" nicht knieen zu müssen;
die königliche Familie bediente sich beim Genusse des heiligen
*) d. H. Der (Staat bin ich. **) spr. Woltär. ***) spr. Russo.