Full text: Neue und neueste Geschichte (Theil 3)

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Wö llner (Zedlitz war auf Betreiben einiger Günstlinge ent¬ 
lassen worden) erließ er ein Religio ns edi et, welches den Geist¬ 
lichen zur strengsten Pflicht machte, nur nach den kirchlichen Grund¬ 
wahrheiten zu lehren, für das Zuwiderhandeln die Strafe der 
Entlassung aus dem Amte androhte und eine strenge Überwachung 
der Geistlichen und Lehrer anordnete. Dieses Ediet ries großen 
Widerspruch hervor; man klagte über Glanbenszwang und Ent¬ 
ziehung der Gewissensfreiheit; die Absicht, das Bekenntnis zu 
schützen und die Sittlichkeit zu heben, wurde nicht erreicht, um 
so weniger, als Friedrich Wilhelm auch nicht auf Sittenreinheit 
an seinem Hose drang. 
b. Auswärtige Politik. Krieg gegen Frankreich. Fried¬ 
rich d. Gr. hatte seinem Lande eine allerwärts geachtete Stellung 
erworben; an seinem Nachfolger war es nun, dieses Ansehen zu 
erhalten. Friedrich Wilhelm fühlte diese Verpflichtung, denn von 
Anfang seiner Regierung an war er bedacht, den Einfluß Preu¬ 
ßens zu erhalten und zu verstärken. Als sein Schwager, der 
Prinz von Oranien, von der republikanischen Partei in Holland 
bedrängt wurde, ließ der König ein Heer in Holland einrücken, 
so daß der Prinz von Oranien wieder nach Holland zurückkehren 
konnte. Darauf schloß Friedrich Wilhelm mit England und 
Holland ein Bündnis gegen Rußland und Oestreich, welche gemein¬ 
schaftlich Krieg gegen die Türkei führten, um dieselbe zu vernichten; 
durch Preußen blieb die Türkei erhalten. 
Unterdessen war in Frankreich die Revolution ausgebrochen; 
das Ausehen des Königthums sank immer mehr, alle Grundlagen 
eines geordneten Slaatswesens wurden vernichtet. Da die deutschen 
Fürsten fürchteten, die Revolution möchte sich auch diesseits des 
Rheins erheben und weil ferner Marie Antoinette eine Schwester 
des deutschen Kaisers war, so verbündeten sich Preußen und Oest¬ 
reich, um die alte Verfassung und die königliche Gewalt in Frank¬ 
reich wieder herzustellen; bestärkt wurden beide Mächte in ihrem 
Vorhaben durch französische Emigranten, welche behaupteten, daß 
die meisten Bewohner Frankreichs treue Anhänger des Königthums 
seien und sich wie ein Mann erheben würden, wenn ein deutsches 
Heer zu Hülfe käme. Um feinen Feinden zuvorzukommen, erklärte 
Frankreich an Oestreich den Krieg; gegen Preußen sprach es die 
Erwartung aus, daß es in Erkennung seiner wahren Interessen 
sich vom Kriege ferne halten werde; die Antwort hierauf war 
die Kriegserklärung Preußens. Die preußischen Officiere zehrten
	        
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