Full text: Biographien und Monographien (Teil 2)

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Georg Wilhelm (1619 — 1640). Geleitet von dem katholischen, 
im Solde des Kaisers stehenden Grafen Adam von Schwar¬ 
zenberg, konnten ihn erst Gustav Adolfs Drohungen bewegen, 
sich der Sache der Protestanten anzuschließen, die er dann nach 
der Nördlinger Schlacht wieder verließ. Die Folge dieser schwan¬ 
kenden Haltung war, daß man auf keiner Seite den Kurfürsten 
sonderlich achtete, die Mark ein Spielball der kämpfenden Heere 
wurde und unsägliches Elend über Land und Volk kam. 
42. Der große Kurfürst. 
Noch Georg Wilhelms Tode bestieg dessen einziger Sohn 
Friedrich Wilhelm (1640— 1688) in einem Alter von 
20 Jahren den brandenbnrgischen Kurstuhl. Er hatte in seiner 
Jugend eine gute wissenschaftliche Bildung erhalten, die er dann 
auf der Universität Leyden, einer der besten der damaligen 
Zeit, noch vervollständigte. In den Niederlanden machte er 
die Bekanntschaft des Statthalters Friedrich Heinrich von 
Dräniert, eines ausgezeichneten Feldherrn, bei dem er die Kriegs¬ 
kunst studierte, in welcher er später so Hervorragendes leistete. 
Überhaupt war sein Verweilen in jenem Lande, das durch geistige 
Regsamkeit, durch ernstes Streben und unermüdlichen Fleiß eine 
hohe Blüte erlangt hatte, von dem bleibendsten Nutzen für ihn. 
Er lernte dort, zu welchem Wohlstände es ein Volk unter der 
Leitung tüchtiger Regenten bringen kann, und faßte den Entschluß, 
die gesammelten Erfahrungen dereinst nach Möglichkeit zu ver¬ 
werten, wenn die Geschicke Braudeuburgs in seiner Hand ruhen 
sollten. Und nicht nur sein Verstand und sein Wissen erstarkten 
in der Fremde, auch sein Charakter und seine Willenskraft wur¬ 
den gestählt. Als man ihn in dem üppigen Haag zu unwürdigen 
Ausschweifungen zu verführen suchte, verließ er die Stadt mit 
den Worten: „Ich bin es meinen Eltern, meiner Ehre und meinem 
Lande schuldig!" und begab sich zn Friedrich Heinrich, der eben 
die Festung Breda belagerte. Dieser klopfte ihm beifällig auf die 
Schulter und sagte: „Eine solche Flucht ist heldenmütiger, als 
wenn ich Breda eroberte. Vetter, Ihr habt das gethan, Ihr 
werdet mehr thun; wer sich selbst besiegen kann, der ist zu großen 
Unternehmungen fähig." In feinem 18. Jahre kehrte der Prinz 
in die Heimat zurück, gesund an Leib und Seele. Die Nieder¬ 
lande aber und seinen väterlichen Freund vergaß er nicht, und 
einige Jahre nach seinem Regierungsantritte vermählte er sich mit 
des Oraniers Tochter Luise Henriette, der Dichterin des 
Liedes: „Jesus meine Zuversicht." 
Friedrich Wilhelm besaß einen lebhaften Geist, eine scharfe
	        
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