Full text: Biographien und Monographien (Teil 2)

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Regierungskunst. Die Pracht und Üppigkeit am Hofe zu Ver¬ 
sailles, die dort zum guten Ton gehörige Überfeinernng und Un¬ 
sittlichkeit wurde in den meisten Residenzen, besonders in denen 
unsers Vaterlandes, getreulich nachgeahmt. Wie der Monarch Frank¬ 
reichs, so wollte jeder kleine deutsche Fürst sein Versailles, seine 
glänzenden Schauspiele, seine großen Hetzjagden, seine kostspieligen 
Liebhabereien haben, und der Fleiß der Unterthanen vermochte 
kaum zu erschwingen, was die gebietenden Herren in wilder 
Festlust verjubelten. 
Frankreichs Einmischung in den dreißigjährigen Krieg hatte 
ihm einen zu schönen Gewinn gebracht, als daß Ludwig XIV 
nicht nach neuer Beute hätte lüstern werden sollen. Nachdem er 
bereits den König von Spanien zur Abtretung einiger Gebiete 
an den Ostpyrenäen gezwungen, griff er im Jahre 1666 die 
demselben gehörigen Niederlande an, unter dm Vorwande, 
daß seine Gemahlin, eine spanische Prinzessin, auf die letzteren 
Erbansprüche habe. Da vereinigte sich das um seine eigene 
Freiheit besorgte Holland mit England und Schweden und nötigte 
den Köiiig, sich mit dem Besitz von zwölf flandrischen 
Städten zu begnügen. Rachedürstend rüstete Ludwig von 
neuem, brachte England und Schweden auf seine Seite und drang 
in raschem Siegeszuge in Holland ein, das er für den ihm 
bereiteten Widerstand nachdrücklich zu züchtigen gedachte. Doch 
die Holländer, anfangs erschreckt, ermannten sich bald wieder, 
setzten das Land mittelst Durchstechung der Dämme unter Wasser 
und behaupteten sich unter Führung des Statthalters Wilhelm 
von Orauien mit Glück gegen den überlegenen Feind. Als 
ihnen auch der Kurfürst von Brandenburg und der Kaiser Leo¬ 
pold I zu Hilfe kamen, traten die Franzosen den Rückzug an. 
Jetzt bewog Ludwig die Schweden zu einem Einfalle in die Mark, 
und Friedrich Wilhelm, der sich durch seine Klugheit und Ent¬ 
schlossenheit zu einem der gefährlichsten Gegner machte, mußte 
den Kriegsschauplatz am Rheine verlassen, um sein Land ans 
der Gewalt der nordischen Feinde zu befreien. Nach seinem Ab¬ 
züge drangen die Franzosen wieder siegreich vor, und als der 
Friede von Nymwegen im Jahre 1678 den wechselvollen 
Kämpfen ein Ziel setzte, erhielt Ludwig XIV die Freigrafschaft 
Burgund. 
Die errungenen Erfolge konnten den Übermut des franzö¬ 
sischen Herrschers nur steigern. So erklärte er mit unerhörter 
Dreistigkeit, daß er mit den von Deutschland abgetretenen Län¬ 
dern zugleich ein Recht auf diejenigen Gebiete, Güter und Städte 
erlangt habe, die ehemals mit denselben vereinigt gewesen. Zur 
Untersuchung der hierauf begründeten Ansprüche errichtete er 
vier Gerichtshöfe, die sogenannten Wiedervereinigung^- oder
	        
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