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an Zahl bei weitem nicht gewachsen waren, drangen sie doch in
einer Reihe siegreicher Gefechte (bei Dermbach, Kissingen,
Aschaffenburg Taub er - B i sch o fshe im) bis über den
Main vor. Die Gegner baten um Frieden, den man ihnen auch
unter billigen Bedingungen gewährte. Hannover, Kurhessen,
Nassau und die freie Stadt Frankfurt jedoch, welche voll¬
ständig erobert worden waren, wurden nebst Schleswig-Hol-
stein der preußischen Monarchie einverleibt. Sämtliche Staaten
nördlich vom Main vereinigten sich zu einem norddeutschen
Bunde unter Preußens Führung, und die süddeutschen Staaten
traten mit demselben in ein enges Schutz- und Trutzbündnis.
So war denn der leidige „Bruderkrieg" zum Segen für unser
Vaterland ausgeschlagen, dessen gänzliche Einigung nur noch eine
Frage der Zeit sein konnte.
60. Der deutsch-französische Krieg.
Preußens Erfolge, ohne Napoleons Mitwirkung oder Zu¬
stimmung errungen, hatten die Eitelkeit der Franzosen schwer ver¬
letzt. „Rache für Sadowa!" hallte es durch ganz Frankreich wieder,
und im stillen bereitete man alles für den Krieg vor. Nun
hatten die Spanier ihre Königin Jfabella vertrieben und
die Krone dem Erbprinzen Leopold von Hohenzollern
angeboten, der sich nach einigem Zögern auch bereit erklärte, die
Wahl anzunehmen. Darin erblickte Frankreich eine Beeinträchti¬
gung seines Ansehns, und als der Prinz infolge dessen wieder
zurücktrat, forderte es sogar durch den Botschafter Benedetti vom
Könige Wilhelm das förmliche Versprechen, für alle Zukunft
die Thronbesteigung eines Hohenzollern in Spanien verhindern
zu wollen. Mit Entrüstung wies der König, der sich zum Ge¬
brauche des Bades in Ems aufhielt, das beleidigende Ansinnen
zurück und weigerte sich, den Botschafter ferner zu empfangen.
Anderen Tages, am 15. Juli 1870, trat er die Heimreise nach
Berlin an, die sich zu einem wahren Triumphzuge gestaltete. Das
ganze deutsche Volk empfand die dem greisen Monarchen wider¬
fahrene Beleidigung, auf allen Stationen, die er berührte, wurde er
aufs wärmste begrüßt, und unter dem endlosen Jubel der Be¬
völkerung langte er in der Hauptstadt an. Noch vor ihm war
die Nachricht dort eingetroffen, daß die Franzosen den Krieg be¬
schlossen hatten. Sofort erteilte er den Befehl zur Mobilmachung
des norddeutschen Heeres, uud am 19. Juli, dem Todestage der
unvergeßlichen Königin Luise, erneuerte er für den bevorstehenden
Feldzug den Orden des eisernen Kreuzes.
Wenn die Franzosen gehofft, die Süddeutschen würden
sich ihnen anschließen oder doch wenigstens neutral bleiben, so