Lasters entgegen, und jede forderte ihn auf, ihr zu folgen. Er
reichte der ersteren die Hand und ließ sich von ihr durch ein
Leben voll Mühen und Gefahren, aber auch voll Ehre und Ruhm
bei Göttern und Menschen geleiten. Auf ihren Rat befragte er
das delphische Orakel, was er zu thun habe, und dies gebot ihm,
sich in den Dienst seines feigen Vetters, des Königs Enrystheus
von Mycene zu begeben. Enrystheus legte ihm zwölf schwere
Arbeiten auf, die Herkules sämtlich glücklich bestand, und durch
deren Bewältigung er der geprtesenste Wohlthäter des griechischen
Volkes wurde. Er erschlug den nemeischen Löwen, der ganz Ar-
golis verwüstete, und hing sich dessen undurchdringliches Fell um
die Schultern. Er tötete die lernäische Schlange oder Hydra,
welche hundert Köpfe hatte, die immer wieder von neuem wuchsen,
indem er durch seinen Freund Jolaus einen nahen Wald anzün¬
den ließ und die glühenden Stämme auf die Wunden des Scheu¬
sals drückte. Er jagte die der Göttin Artemis geweihte Hindin,
welche kein Pfeil einzuholen vermochte, bis sie erschöpft zu Boden
sank. Er brachte einen Eber, der am Berge Erymanthus große
Verheerungen anrichtete, lebendig nach Mycene, worüber Enrystheus
so erschrak, daß er sich in ein Faß verkroch. Er leitete die Flüsse
Alpheus und Peneus in den Stall des Königs Augias von Elis
und reinigte diesen dadurch von dem Miste, welchen 3000 Rinder
seit 30 Jahren dort aufgehäuft hatten. Er vertilgte die mit ehernen
Schnäbeln, Flügeln und Krallen versehenen stymphalifchen Vögel,
welche Menschen und Vieh mit in die Lüfte nahmen und auf
den Felsen verzehrten. Er fing einen wütenden Stier, der die
Insel Kreta in Schrecken versetzte, und führte ihn gefeffelt nach
Mycene. Er bändigte die Rosse des thracifchen Königs Diome-
des, welche mit Menfchenfleifch gefüttert wurden unb von unbe¬
zähmbarer Stärke waren. Er besiegte bie Amazonen, ein Volk
kriegerischer Weiber, tötete deren Königin Hippolyte und raubte
ihren kostbaren Gürtel für die Tochter des Enrystheus. Er holte
von ber Insel Erythia bie Rinber bes Geryon, ber brei Leiber,
sechs Arme unb sechs Füße hatte unb seine Herben durch einen
großen zweiköpfigen Hund bewachen ließ. Er suchte den Riesen
Atlas auf und trug während der Zeit, daß dieser für ihn die
goldenen Apfel aus den Gärten der Hesperiden pflückte, das
Himmelsgewölbe. Er brachte den Höllenhund Cerberus, bei* ben
Eingang zum Reiche ber Schatten hütete, auf bie Oberwelt.
Die übermäßigen Anstrengungen, welche ihm Enrystheus zu¬
gemutet hatte, verursachten bem Helben ein Fieber, bas sich bis
zur Raserei steigerte. In biesem Zustaube plünberte er bas
Heiligtum zu Delphi, wofür er sich abermals auf brei Jahre in
Dienstbarkeit begeben mußte. Er ging zu ber Königin Omphale
von Lybien, wo er wieber eine Reihe glänzenber Heldenthaten
verrichtete, zuletzt aber in Weichlichkeit versank, Weiberkleider an-