Full text: Alte Geschichte (Teil 2)

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Die Römer. 
dermaßen verschoben, daß sie oft in die entgegengesetzten Jahreszeiten 
fielen, d. H. ein Fest, dessen Wesen für die herbstliche Jahreszeit paßte, 
wurde im Frühling gefeiert und umgekehrt. Die Priester, die allein 
von der Zeitrechnung und dem neu eingeführten Sonnenjahr einige 
Kenntnisse hatten, setzten oft ganz willkürlich den Schaltmonat an. 
Durch den alexandrinischen Gelehrten Sosigenes ließ nun Cäsar das 
Jahr zu 365 Tagen mit einem alle vier Jahre einzuschiebenden Schalt¬ 
tag berechnen. Auch diese Kalenderverbesserung gab seinen Feinden 
und Neidern zu allerhand Spöttereien Anlaß. Der siebente Monat des 
Jahres aber erhielt seinen Namen Julius nach Cäsar. Nach dem 
julianischen Kalender rechnen noch heute die griechisch-katholischen 
Christen, die Griechen, Russen, Bulgaren usw. 
Mit großartigen Plänen war Cäsars Geist beschäftigt, bevor ihn 
sein Geschick ereilte. Den Isthmus wollte er durchstechen, die pon- 
tinischen Sümpfe trocken legen lassen und vor allem die römische Herr¬ 
schaft bis zu den Parthern, Scythen und Germanen tragen. 
Durch die ihn in Afrika und Spanien erwartenden Aufgaben 
hatte Cäsar schon zweimal die Hauptstadt und damit die Ordnung 
des Reichs sich selbst überlassen müssen. Und nun wollte er dies, um 
des Partherkrieges willen, der keine unumgängliche Notwendigkeit war, 
zum dritten Male tun, anstatt in Rom zu verbleiben und die Grund¬ 
lagen seiner Herrschaft zu sichern. 
Wohl möglich, daß Cäsars Plan, zu einem neuen Siegeszuge 
nach Asien zu gehen, die Verschwörung gegen ihn zu schnellerem 
Ausbruch trieb, da die Gegner ihm keinen weiteren Triumph gönnen 
wollten. Die Verschwörung gegen das Leben Cäsars war von 
langer Hand her vorbereitet worden. Man sprengte aus, Cäsar strebe 
nach der Königswürde, ja, einige zu diesem Zweck gedungene Leute 
mußten ihn bei öffentlichen Festen mit dem Zuruf „König" grüßen, 
worüber Cäsar freilich sehr unwillig wurde und sich diesen Titel 
verbat. Jedenfalls hielt er den Augenblick, ihn anzunehmen, noch 
nicht für gekommen. 
An der Spitze der Verschworenen standen Junius Brutus, der 
von väterlicher Seite von jenem älteren Brutus abstammen sollte und 
Neffe und Schwiegersohn des Cato war, der sich in Utica getötet hatte. 
Brutus haßte zwar jede Art von Tyrannei, war aber von Cäsar 
derart mit Wohltaten überhäuft worden, daß seine Mitwirkung an 
der Verschwörung seitens der Unzufriedenen nur durch List zn erreichen 
war. Auf seine Ruhestätte und auf den Sessel, auf dem er als 
Prätor Gericht hielt, streute man zur Nachtzeit eine Menge Zettel 
mit Ausdrücken wie: „Schläfst du, Brutus?" oder „Du bist nicht
	        
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