96 III. Lebensbilder aus allen Teilen der Weltgeschichte.
sie zum Andenken an die fromme Landgräfin mit Bildern geschmückt,
welche die „Werke der Barmherzigkeit" darstellen, durch welche
Elisabeths Leben sich auszeichnete. Nach dem Tode ihres Gatten
sollte Elisabeth nicht mehr viel Freude aus der Wartburg erleben.
**jl)r Schwager Heinrich Raspe, ein mißgünstiger und geiziger Herr,
äigerte sich über Elisabeths Wohltaten und hatte es auch verstanden,
die alte Landgräfin Sophie gegen die Schwiegertochter auszubringen.
Die beiden zeigten ihr deutlich genug, daß sie ihr feindlich waren.
Da beschloß Elisabeth, in die Fremde zu wandern. In einer
kalten, stürmischen Winternacht stieg sie, wie eine Bettlerin, mit ihren
Kindern von dei Wartburg herab und wanderte, soweit ihre Füße
sie tragen konnten, weiter bis in die hessische Stadt Marburg. Dort
angelangt, sagte sie für immer allen Freuden dieser Erde Lebewohl
und widmete sich nur noch frommen Werken und Gebeten. Noch
einmal sollte ein irdisches Glück an sie herantreten. Der mächtige
Hohenstaufenkaiser Friedrich II., welcher das Gottvertrauen und den
Edelmut der vertriebenen Landgräfin bewunderte, ließ um ihre Hand
werben, aber Elisabeth lehnte den Antrag mit ehrerbietigem Dank
ab. Sie wollte nicht mehr in das Treiben der Welt zurück, sondern
ihr Leben still im Gebet und in der Erinnerung an ihren verstorbenen
Gatten zubringen. Entbehrung und Gram hatten ihren zarten Körper
geschwächt. Sie war erst vierundzwanzig Jahre alt, als Gott sie zu sich
rief. Der Leichnam der edlen Dulderin liegt bestattet im Dom zu Mar¬
burg, der nach ihr den Namen „Elisabethenkirche" führt. Die katholische
Kirche hat Elisabeth unter die Zahl ihrer Heiligen ausgenommen. Der
Deutsche Kaiser Wilhelm II. aber ließ vor einigen Jahren das
r^rauengemach aus der Wartburg (Kemenate), das Zimmer, in
welchem einst Elisabeth als Kind gespielt hat, mit farbenprächtigen,
leuchtenden Mosaikgemälden schmücken, welche Ereignisse ans dem
Leben der Heiligen darstellen.
Wer aus die Wartburg kommt, soll ja nicht vergessen, sich diese
Elisabethenkemenate anzuschauen.
Rudolf von Habsburg.
(1273—1291.)
Nach dem Aussterben der Hohenstaufenkaiser ging es im Deutschen
Reich drunter und drüber. Fehden, Faustrecht und Raubrittertum
nahmen kein Ende. Alle rechtlich denkenden Menschen sehnten sich nach
einem kaiserlichen Oberherrn, der Recht und Ordnung wieder herstelle.