18 I. Sagen aus der Welt der Griechen und Römer.
verschaffen. So erreichten die Argonauten unangefochten, allerdings
auf Umwegen, die griechische Heimat.
Als Jason mit Medea nach Jolkos fam, war der König Pelias
noch immer an der Regierung und machte auch gar keine Anstalten,
sie dem Jason abzutreten. Medea, die ihren Gatten über alles liebte
und wohl sah, wie sehr es ihn quälte, daß man ihm fein Erbe vor¬
enthielt, entschloß sich zu einem Gewaltmittel. Den ziemlich einfältigen
Töchtern des Pelias wußte sie einzureden, sie besäße ein Mittel, alte
Leute wieder jung und frisch zu machen, und als die Mädchen eine
Probe ihrer Kunst sehen wollten, zerstückelte sie vor ihren Augen einen
alten Widder, tat ihn in einen Kessel und föchte ihn. Bald darauf
sprang ein junges Lamm aus dem Kessel. Mit Menschen gehe das
ebenso, erklärte sie den staunenden Mädchen, gab ihnen Zauberkräuter
und regte sie an, den alten König Pelias auf die nämliche Weise
wieder jung zu machen. Die leichtgläubigen Töchter machten sich ans
Werk, zerstückelten den Vater — aber aus dem Zauberfessel stieg fein
neues Leben. Die verzweifelten Töchter schrien laut um Rache und
flagten Medea des Mordes an. Der Sohn des gemordeten Pelias,
Afastus, aber erregte einen Volf sauf stand, und nur mit großer Mühe
konnten Jason und Medea der aufgebrachten Menge entfliehen. Jason
mußte die Herrschaft in Jolkos dem Akastus lassen. Medea hatte sich
mit einer neuen Untat beladen und doch ihr Ziel nicht erreicht. Wo¬
hin sie nun fam, wichen die griechischen Frauen furchtsam und mi߬
trauisch vor ihr zurück, denn das Gerücht war ihr vorausgeeilt und
hatte ihre Untaten noch vergrößert. Als Jason sah, daß feine Lands¬
leute feine folchifchc Gemahlin so wenig leiden sonnten, erkaltete auch
seine Neigung für sie, denn er war sehr eitel und mochte nicht leben
ohne den Beifall der Menschen. Nachdem er Jolkos hatte verlassen
müssen, war er mit Frau und Kindern nach Korinth, zu einem Ver¬
wandten, dem König Kreon, gegangen. Dieser hatte den Jason sehr
gern, weil er ihn schon als Kind gekannt, aber von der unheimlichen
Medea wollte er nichts wissen. Er sagte zu Jason: „Die bringt dir
nur Unglück. Das beste wär's wohl, du trenntest dich von ihr. Schick'
sie zurück in ihr düsteres Barbarenland. Dann will ich dir meine
Tochter Kreusct zum Weibe geben." Dem schwachen und selbst¬
süchtigen Jason dünste dieser Rat nicht übel. Auch gefiel ihm die
junge schöne Königstochter Krcusa. Als nun Medea hörte, daß sie
fortgeschickt werden sollte, überfiel sie maßlose Verzweiflung. Alles
hatte sie dem Griechen geopfert! Vater, Bruder und Heimat, und zum
Dank dafür stieß er sie jetzt ins Elend. Als ihr Jammer sich ein
wenig gelegt hatte, sann sie auf Rache. Scheinbar tat sie, als wolle