Friedrich der Große und seine Zeit»
(1740—1786.)
Jugendjahre.
Die Erziehung, welche dem jungen Kronprinzen Friedrich zuteil
geworden ist, steht einzig da in ihrer Art, wie überhaupt das ganze
System, das Friedrich Wilhelm I. eingeführt hatte. Mir seinem
ältesten Sohne wollte er eine Wiederholung seines eigenen Wesens
schaffen. Aber dazu fühlte Fritz zu selbständig. Die preußische Uniform,
die der Vater so hoch stellte, und der er selbst später einen neuen, welt-
geschichtlichen Glanz verleihen sollte, wurde ihm unerträglich, als alle
seine geistigen Fähigkeiten im Militärdienst aufgehen sollten, als alles
das, was Kunst, Lebensschönheit, verfeinerte Daseinsformen hieß, vom
strengen Familienoberhaupt als „Allotria" bezeichnet wurde.
Da kam es zwischen Vater und Sohn zu furchtbar ernsten
Konflikten, die fast einen tragischen Ausgang genommen hätten.
Der Erziehungsplan und der Lehrer des Kronprinzen. Heimliche
Bibliothek. Musikstunden. Reise nach Dresden.
Die erste Erziehung des Kronprinzen war ganz seiner Mutter
überlassen, die ihm nach damaliger Sitte eine französische Erzieherin
gab, Frau von Rocoulles, deren Bild noch heute im Schloß zu
Sanssouci neben dem der Mutter Friedrichs des Großen hängt.
Später leiteten die Ausbildung der General Finckenstein und
der geistvolle Franzose Duhan de Jandun.
Der Erziehungsplan, den der König ausgestellt hatte, entbehrte
keineswegs der Abwechselung. Er selbst war nach einer Instruktion
erzogen worden, die sich im wesentlichen auf einen Entwurf des
Philosophen Leibniz stützte, dem natürlich die „Humanoria", Philosophie
und Rhetorik, obenan standen. Als Friedrich Wilhelm I. diesen Plan
1718 für die Erziehung seines sechsjährigen Sohnes erneuern ließ,
korrigierte er ihn eigenhändig nach praktischen Gesichtspunkten um.