II. Kulturbilder aus Welt und Werkstatt.
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lichkeit des Gelingens dargethan; wer weiß, welche schlimme Folgen sich
aus einer unvernünftigen Finanzspekulation für Neapel in wenigen Jahren
entwickeln werden! Es möchte ihm leicht gehen wie Rußland, das sich durch sein
Prohibitivsystem um seinen Handel mit Talg und Pottasche ganz und gar
gebracht hat. Nur durch die Not gezwungen kauft man Waren in einem
Lande, welches unsere eigenen Waren von seinem Verkehr ausschließt. An¬
statt Hundertausende von Centnern Talg und Hanföl verbraucht jetzt Eng¬
land Hunderttausende von Centnern Palmbutter und Kokosöl, die es nicht
von Rußland erhält. Die Aufstände der Arbeiter gegen die Fabrikbesitzer
des höheren Tagelohns wegen haben zu den bewunderungswürdigen Ma¬
schinen geführt, durch die sie entbehrlich wurden. So straft sich im Handel
und in der Industrie jede Unklugheil von selbst; und jeder Druck, jede
Sperrung des Verkehrs wirkt auf das Land am fühlbarsten zurück, von
dem sie ausgeht. ^Justus v. Liebig. Chemische Briefe.
178. Das Kochsalz.
Das Kochsalz, von den Chemikern Chlornatrium genannt, ist die
wichtigste und verbreitetste Natriumverbindung. Es findet sich als Stein¬
salz in großen mächtigen Lagern mit Gips und Thon durchzogen. Die
bekanntesten Steinsalzlager befinden sich bei Wieliczka, Staßfurt, Segeberg,
in Österreich, in der Schweiz, in Spanien, in England. Ist dasselbe
ziemlich rein, so wird es gemahlen und kommt als Speisesalz in den
Handel. Selten wird es aber durch den Bergbau in erforderlicher Rein¬
heit gewonnen, man löst dann das geförderte Steinsalz in heißem Wafier
und erhält reines Kochsalz beim Verdampfen der Lösung.
Die Salzquellen (Solquellen) sind selten auch nur nahezu gesättigte
Kochsalzlösungen, meist sind dieselben so arm an Kochsalz, daß man eine
sehr bedeutende Menge Wasser verdampfen müßte, ehe sich Kochsalz aus¬
schiede. Den Gehalt einer Sole an Kochsalz drückt man gewöhnlich da¬
durch aus, das man angiebt, wieviel Lot Salz in 100 Lot Sole ent¬
halten sind, und wählt dafür das Wort lötig oder auch gräbig. —
Der Salzgehalt der Solen schwankt zwischen 6- und 24 lötig. Die
weniglötigen Solen werden zuerst konzentrierter oder lötig gemacht durch
Verdunstung des Wassers mit Hülfe von Luft und Sonnenwärme; die
Sole wird gradiert. Etwa 10 in hohe und bis 300 m lange Holzge¬
rüste, Gradierhäuser, sind zu beiden Seiten mit Dornenreisig belegt, so
daß eine dichte Dornenwand entsteht. Durch Pumpwerke und geeignete
Röhrenleitungen wird die Sole auf die Dornenwand gefördert und tropft
über dieselbe nieder, wobei besonders bei trockenem, warmem Winde eine
große Menge Wasser verdunstet, so daß die Sole viel konzentrierter unten
ankommt, in hölzernen Kästen (Reservoirs) aufgefangen und, wenn nötig,
in derselben Weife noch einmal gradiert wird. Ist die Sole gegen 20lötig,
so wird sie als siedewürdig in großen eisernen Pfannen, von etwa 15 m
Länge, 5 m Breite und 0,6 m Tiefe, eingedampft. Hierbei scheidet sich dann
von einem gewissen Punkte an in dem Maße, als das Wasser verdampft,